Interview mit Kristina Hauff zu ihrem Roman „In blaukalter Tiefe“

Kristina Hauff (Foto (c) Bartholot)

Unter Ihrem realen Namen Susanne Kliem veröffentlichen Sie in unterschiedlichen Verlagen erfolgreiche (psychologische) Krimis. Warum haben Sie sich dazu entschlossen, unter dem Pseudonym Kristina Hauff Romane ebenfalls in einem psychologischen Kontext zu schreiben, wobei der Bezug zu ihrem realen Namen von Beginn an bekannt war?

Der entscheidende Unterschied liegt in der „Verpackung“. Während auf den Romanen von Susanne Kliem „Kriminalroman“, „Thriller“ oder „Psychothriller“ stand, schreibt Kristina Hauff im Segment „Roman“. Auf die Leserin wirkt das eventuell verwirrend, für den Buchhandel aber ist die Unterscheidung elementar, denn die Bücher liegen schlicht auf einem anderen Tisch, Krimitisch versus Belletristik.

Inwiefern unterscheidet sich für Sie die Herangehensweise und das Schreiben Ihrer Krimis von den Romanen „In blaukalter Tiefe“ oder „Unter Wasser Nacht“?

Im Roman-Segment zu schreiben, bedeutet, dass ich mich nicht mehr um die Genre-Regeln eines Kriminalromans kümmern muss. Ich brauche keine Leiche zu Beginn, keinen Mord, kein Kapitalverbrechen, keine Ermittler:innen. Der Plot kommt auch ohne Cliffhänger, krasse Wendepunkte und einen Showdown aus – und ich kann mich auf die Seele und die Psyche der Figuren fokussieren.

Wissen Sie schon beim Entwurf der Rahmenhandlung am Reißbrett, wie eine Figur sich entwickeln wird und Beziehungen zu anderen Protagonisten entstehen oder passiert das erst im Laufe Ihres Schreibprozesses?

Bei der Form des psychologischen Kammerspiels, die ich gern wähle, geht es um wenige Figuren und ihre Beziehungen zueinander. Die Figuren können sich nicht ausweichen, sind einander auf engstem Raum ausgeliefert – so wie im neuen Roman „In blaukalter Tiefe“ an Bord einer Segelyacht. Ich lerne die Figuren erst im Schreibprozess kennen. Beobachte, wie sie sich miteinander entwickeln – und schreibe das auf.

Sie haben lange Zeit in verschiedenen Berufen gearbeitet (u.a. Buchhändlerin, Journalistin, Synchronautorin), bis Sie die Erfüllung durch das Schreiben von Büchern gefunden haben. Das bedeutet Lebenserfahrung und Begegnung mit vielen unterschiedlichen Menschen. In Ihren Romanen begegnet man immer wieder Figuren, Beziehungs- und Familienkonstellationen, die zerrissen sind und an ihren unerfüllten Lebensträumen zerbrechen. Wie bzw. wodurch ist es Ihnen gelungen, sich Ihren Lebenstraum mit dem Schreiben von Büchern zu erfüllen?

Es war eine seelische Notwendigkeit für mich, zu schreiben. Ich war in den sechs Berufen, die ich zuvor ausgeübt habe, nicht glücklich. Für mich zählte nur, wie andere mich sehen, ob andere mich „gut genug“ finden, ich war komplett fremdbestimmt. Zu meinen eigenen Gefühlen, Wünschen, Sehnsüchten hatte ich sehr lange keinen Zugang. Erst durch das Schreiben habe ich mich selbst entdecken können.

Was hat Ihnen immer wieder Vertrauen gegeben, diesen Weg zu gehen und gibt es Ihnen auch weiterhin?

Ich habe oft daran gezweifelt, ob ich es schaffen kann, erfolgreich zu werden und vom Schreiben zu leben. Aber ich hatte zum Glück immer Menschen in meiner Nähe, die mir Mut gemacht haben. Meine Familie. Aber auch liebe Kolleg:innen in meinen Netzwerken, im Syndikat und früher auch bei den Mörderischen Schwestern. Es ist ein schwieriger Weg und ich glaube, man muss sehr hartnäckig sein, (irgendwo, im Kern) an sich glauben und vor allem: es unbedingt schaffen wollen.

Was hat Ihre Faszination an der Psychologie, der Innensicht von Menschen und Ursache von menschlichen Abgründen wie Macht, Manipulation, Dominanz, Narzissmus und bemühten Fassaden im beruflichen wie privaten Leben geweckt?

Ich bin in einem Umfeld aufgewachsen, wo mir diese Fassetten schon früh begegnet sind. Erst als Erwachsene konnte ich beginnen, das für mich aufzuarbeiten.

Der neue Roman spielt auf einem Segelboot, das bedeutet wenig Platz für relativ viele Menschen für einen längeren Zeitraum. Sie lieben selber das Segeln und die Ostsee. Machen Sie einen mehrtägigen Törn nur mit einer Crew, die Sie sehr gut kennen oder können Sie sich das auch mit einer Ihnen unbekannten, zusammengewürfelten Gruppe vorstellen?

Mein Mann und ich haben immer wieder Gäste an Bord. Und erleben dabei so manche Überraschung. In der Enge an Bord und ohne Rückzugsmöglichkeit, lernen sich Menschen sehr schnell und sehr intensiv kennen. Im Positiven wie im Negativen. Mit allen Schrullen, Macken und Liebenswürdigkeiten. Ob man zueinander passt, lässt sich dabei schwer vorhersagen.

Stellen Sie sich vor, Sie kämen als zusätzliches Crew-Mitglied an Bord des Segelbootes in Ihrer Geschichte. Würden Sie Reißaus nehmen, pardon, von Bord gehen, stillschweigend fasziniert das sich entwickelnde Drama beobachten oder irgendwann einschreiten?

Harmoniesüchtig, wie ich bin, würde ich permanent versuchen zu vermitteln, Frieden zu stiften. Das ist die mir vertraute Rolle. Es würde bei diesen konkreten Romanfiguren vermutlich nicht viel nützen. Ich würde also alsbald von Bord gehen. 😉

Wenn ich jetzt nach dem Lesen von „In blaukalter Tiefe“ doch Befürchtungen hätte, auf ein Segelboot an Bord zu gehen, wie würden Sie mich dennoch von der Faszination des Segelns überzeugen?

Auf jeden Fall. Im Roman spitze ich die Situationen ja bewusst zu. Segeln ist wirklich die schönste Fortbewegungsart der Welt. Also, meistens.                                                          Hätten Sie nun einen gruseligen Thriller gelesen, in dem ein Killer in einem Hotel mordet, würden Sie ja trotzdem anschließend noch in Hotels übernachten.

Und zum guten Schluss die drei typischen „Bücher leben!“-Fragen:

Wann schreiben Sie? (morgens, mittags, abends, immer?)

9:00 Uhr bis 14:00 Uhr. Wenn die Deadline naht, auch länger. 😉

Wie schreiben Sie? (Laptop, PC, per Hand?)

Laptop

Wo schreiben Sie? (Arbeitszimmer, Küchentisch, Baumhaus, überall)

In der Staatsbibliothek am Potsdamer Platz oder auf unserem Boot (allein), oder in fremden Städten (allein). Nie Zuhause.

Interview (c) Sabine Wagner

Die Besprechung zu „In blaukalter Tiefe“ liest man hier

 

 

 

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