Interview mit Peter Pohl

Peter Pohl (Foto (c) Carl Hanser, 2010)

Peter Pohl (Foto (c) Annika Pohl)

 

Peter Pohl wurde am 05. Dezember 1940 als Sohn eines deutschen Vaters und einer schwedischen Mutter in Hamburg geboren. 1945 zog er nach dem Tod seines Vaters mit seiner Mutter nach Schweden. Zunächst studierte Peter Pohl Mathematik, Physik und Sport. 1963 arbeitete er als Forschungsassistent an der Forschungsanstalt der Verteidigung bevor er an die Königlich Technische Hochschule Stockholm wechselte, an der er 1975 in numerischer Analysis promovierte und einige Fachbücher veröffentlichte.

1983 trat er der Schriftstellerwerkstatt des Literaturverbandes Wortfront. Seinen ersten Roman „Jan, mein Freund“ veröffentlichte er 1985 zunächst erfolglos. Auch sein zweiter Roman „Der Regenbogen hat nur acht Farben“ wurde ebenfalls kaum wahrgenommen, der 1987 veröffentlichte dritte Roman „Nennen wir ihn Anna“ wurde aber kontrovers kritisiert. Neben zahlreichen anderen Auszeichnungen erhielten „Jan, mein Freund“ 1990, und „Du fehlst mir, du fehlst mir!“ 1995 den Deutschen Jugendliteraturpreis, „Nennen wir ihn Anna“ stand 1992 auf der Nominierungsliste.

Peter Pohl gilt als einer der bedeutendsten noch lebenden schwedischen Kinderbuchautoren und wird von Literaturkritikern oft kontrovers wegen seines ganz eigenen Stils, problematische und belastete Kindheiten widerzuspiegeln, diskutiert.

Herr Pohl, Sie haben zunächst Mathematik, Physik und Sport studiert und in numerischer Analysis an der Königlich Technischen Hochschule Stockholm promoviert.

Wie hat sich dann diese ganz andere Tätigkeit zum Schriftsteller entwickelt?

Peter Pohl:

Sport ist offenbar meistens in meinen Büchern anwesend. Aber mit Mathematik und  Physik bin ich vorsichtig. Diese Tätigkeiten erschrecken die junge Leser(innen). Aber Sie fragen, wie sich meine Tätigkeiten entwickelt hat, Schriftsteller zu werden, dann ist mein Antwort: gar nicht.

Gab es hier einen besonderen Moment, in dem sie gesagt haben, jetzt werde ich nur noch schreiben?

Peter Pohl:

Nein.

War es nicht nach vielen Jahren in einem sicheren Beruf ein risikoreiches Wagnis? Haben Sie Ihren eigentlichen Beruf aufgegeben?

Peter Pohl:

Es war niemals ein Wagnis. Ich habe meinen Beruf nicht vor meiner Pensionierung aufgegeben.

Sie beschreiben die Gefühlswelt so intensiv und nah, in dem aktuellen Buch „Meine Freundin Mia“ hat man das Gefühl, dass sie ganz genau die zerrissene und hilflose Gefühlswelt von Lena kennen.

Sind diese Bücher auch eine Aufarbeitung von selbst erlebtem oder woher nehmen sie sonst diese ungewöhnliche tiefe Empathie?

Peter Pohl:

Natürlich habe ich im Leben Erfahrungen gemacht, die ich in meine Bücher einfließen lasse. Je mehr Erfahrungen man bekommt, desto bessere Möglichkeiten hat man die Probleme der anderen Menschen zu verstehen. Ich glaube nicht, dass Empathie ohne  Erfahrungen entstehen kann.

Was würden Sie sich wünschen, wenn Kinder ihre Bücher lesen und sich in den beschriebenen Problemen wiederfinden?

Peter Pohl:

Dass diese Kinder eine Sorte Lösung im Text finden. Oder mindestens, dass sie da Trost finden. Dass sie von jemanden gesehen werden und dass sie nicht allein sind.

Die realistischen Themen wie Ausgrenzung, Erniedrigung, Alkoholismus und seelische Belastungen haben es heute in der Kinderliteratur eher schwer sich gegen die heiteren und unbeschwerten Inhalte durchzusetzen.

Ist es in Schweden einfacher, Bücher mit problematischen Themen auf den Markt zu etablieren?

Peter Pohl:

Nein, gar nicht.

Warum glauben Sie, ist es so schwer, „realistischen Problembücher“ bei den Verlagen durchzusetzen?

Peter Pohl:

Meine Erfahrung ist, dass viele Redakteure allzu bestimmte Meinungen über junge Leute haben, was sie sind und was sie lesen wollen. In der nächsten Frage nennen Sie Leute, die nicht so gerne ihr Spiegelbild vorgehalten bekommen. Es ist schade, dass diese Menschen so zahlreich in Verlagen zu finden sind. (Ich rede von Schweden.)

Es gibt hierzulande Stimmen, die sagen, dass ihre Romane „schwer konsumierbar seien und schwierig für Kinder zu lesen sind, da sie angeblich keine hoffnungsvolle Aussichten zeigen“.

Man könnte aber auch sagen, dass dies ja die Meinung von Erwachsenen sind, also genau denjenigen, die Kinder mit ihrer Macht zur Ohnmacht zwingen, was man natürlich nicht so gerne im Spiegelbild vorgehalten bekommt.

Ärgern Sie sich über solche Aussagen und wie ist Ihre Meinung dazu?

Peter Pohl:

Es ist hoffnungslos mit diesen Erwachsenen über meine Bücher zu reden. Das Schlimmste für die Bücher ist, dass auch so viele Rezensenten vor diesem Spiegel Angst haben.

Haben Sie am Anfang schon einen festen Handlungsrahmen oder entwickeln sich die Geschichte und die Protagonisten während des Schreibens?

Peter Pohl:

Ich habe einen festen Schluss von der Geschichte. Meine Aufgabe ist es dann, die Geschichte schlüssig aufzubauen, so dass sie mit diesem festen Schluss logisch endet.

Wie lange schreiben Sie an einem Buch?

Peter Pohl:

Das ist sehr unterschiedlich. Aber nicht unter vier, fünf Monaten.

Wer hat Sie für den deutschen Buchmarkt „entdeckt“?

Peter Pohl:

Ich glaube, dass ich das am meisten Brigitta Kicherer zu verdanken habe, die meine ersten Bücher zur Übersetzung erhielt, weil sie ihr durch einen schwedischen Verlag wohlbekannt waren.

Und zum Schluss auch für Sie die berühmten drei letzten Fragen:

Wann schreiben Sie? (Morgens, mittags, abends, immer)

Peter Pohl:

Immer

Wie schreiben Sie? (Laptop, per Hand, PC)

Peter Pohl:

Heute mit dem PC. Früher war es zuerst per Hand und die Bearbeitung  dann am Computer, aber heute ist es der Computer von Anfang bis Ende.

Wo schreiben Sie? (Arbeitszimmer, Küchentisch, überall)

Peter Pohl:

Arbeitszimmer.

Lieber Herr Pohl, ich danke Ihnen herzlich für Ihre Bemühungen  – und das Interview auf Deutsch 🙂 und wünsche Ihnen noch weiterhin viel Erfolg mit Ihren beeindruckenden Büchern.

Sabine Hoß

Dear Sabine Hoß, it was interesting to read a little on your site. Thank you for your interest, I wish you good luck! Peter Pohl


 

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