Der Raub des Bücherschatzes

Katja Behrens

Hanser, Februar 2012

240 Seiten, €  16,90

ab 14 Jahre

 

 

 

Inhalt:

Dezember 1622 in Heidelberg. Der dreißigjährige Krieg wütet bereits seit drei Jahren, als die protestantische Stadt von Tilly, dem Heerführer der katholischen Liga, auf grausame Weise erobert und verwüstet wird. Der Papst fordert die Herausgabe die in der Heiliggeistkirche untergebrachte und sehr wertvolle „Bibliotheca Palatina“. Nicht nur, weil sie zu einer der umfassendsten Büchersammlungen zählt, sondern weil sie reformatorische und  ketzerische Schriften enthält, die der Papst in seinem sicheren Besitz wissen will. Der päpstliche Gesandte Leone Allacci soll den Transport der umfassenden Bibliothek von Heidelberg in den Vatikan leiten und überwachen, was nicht nur für ihn ein sehr schwieriger und gefährlicher Auftrag ist. Die beiden Mädchen Jakobe und Anna werden aus ihrem bisherigen Leben herausgerissen und müssen unter den grausamen Folgen der Eroberung leiden. Sie sehen die einzige Möglichkeit dem erbärmlichen Leben in Armut zu entkommen, als Männer verkleidet den Transport der Bibliothek in den warmen und erhofften sicheren Süden zu begleiten. Diese Reise dauert ein halbes Jahr, die für die beiden Mädchen nicht nur sehr lang sondern auch sehr dramatisch wird. Sie müssen immer auf der Hut sein, dass ihre Tarnung nicht auffliegt und sich vor dem päpstlichen Gesandten Allacci vorsehen, der von nächtlichen Albträumen mit Blutsaugern verfolgt wird.

Rezension:

Die Geschichte beruht auf historischen Tatsachen, die im Grunde meist  sehr spannend sind und damit auch entsprechend lesbar verpackt werden können. Katja Behrens hat die historischen Grundlagen sicher genauestens untersucht und recherchiert, ein fesselndes Abenteuer, die Geschichte hautnah erleben lässt, ist ihr trotzdem nicht gelungen. Das liegt zum einen sicher an der unglaublich spröden, kantigen und manchmal altbackenen Schreibweise, die zwei- oder drei-Wort-Sätzen, die in ihrerHäufigkeit einfach nur langweilen und ermüden. Vielleicht hat sich die Autorin bemüht, der Sprache der damaligen Zeit nahe zu kommen, wenn sie von den „fraulichen Tagen“ schreibt. Dass Leone Allacci scheinbar homosexuell gewesen ist, wird verschämt und auf gedrechselte Weise beschrieben, wenn er sich „nachts an seinem Diener reibt, dieser sich umdreht und seinen Dienst verrichtet.“  Wenn man neben solider historischer Recherche den Anspruch erhebt, einen spannenden Roman für Jugendliche zu schreiben, ist eine offene und weniger verschrobene Sprache ein absolutes Muss. In der Grundschule lernen die Schüler beim freien Schreiben auf verschiedene Satzanfänge zu achten. Als besonderes Stilmittel kann ich es wahrlich nicht empfinden, wenn ich auf einer Seite gleich siebenmal den Satzanfang mit „Er….“ finde. Es ist schlicht einfältig. Spätestens hier wundere ich mich über das Lektorat, das offensichtlich nicht nur die einfache Ausdrucksweise großzügig  übergangen hat. Eine geschichtliche Begebenheit, die auf wahren Tatsachen beruht, so zu verpacken, dass sie jugendliche Leser interessiert, ja, bestenfalls fesselt, erfordert einen klug aufgebauten Handlungs- und Spannungsbogen sowie Fingerspitzengefühl im sprachlichen Ausdruck. Wenn dies perfekt miteinander verbunden wird, kann man von einem gelungenen, historischen Roman sprechen. Doch selbst nach der Hälfte des Buches von Katja Behrens findet man keinen Zugang zur eigentlichen Geschichte, sie plätschert unaufgeregt, ohne erkennbaren Spannungsaufbau und Höhepunkte vor sich hin, was sich  bis zum Schluss nicht ändert. Das Erzählte erscheint nicht wie ein Roman (für Jugendliche!) sondern wie eine staubtrockene Dokumentation, in dessen Gerüst eine Geschichte mühevoll konstruiert wurde.

Katja Behrens mag schon erfolgreiche Bücher geschrieben haben, dieses überzeugt nicht, auch wenn die historische Grundidee  interessant ist. Es wird schwierig werden, selbst  geschichtsinteressierte junge Leser ab 12 Jahren mit der unglaublich langatmigen Handlung und sperrigen Sprache zu begeistern.

Auch das Cover vermag das Buch nicht mehr zu retten. Abgebildet ist eine lebhafte Szene, die wie ein Standbild aus einem mittelalterlichem Film wirkt. Doch was sehen wir hier? Eine Kutsche, die sich im sandigen Weg festgefahren hat und der man nun wieder aus ihrer misslichen Lage hinaus hilft? Einen angedeuteten Überfall auf eine Kutsche, der beiläufig von spielenden Kindern umrahmt wird? Wie die Story so ist auch das Bild nicht eindeutig, aussagekräftig und wird wohl kaum als Hingucker von der Zielgruppe aufgenommen werden.

Schade, dass hier eine eigentlich spannende, historische Begebenheit so sprachlich ermüdend und oberflächlich umgesetzt wurde. Vielleicht können sich Historiker daran erfreuen, junge Leser für dieses Buch zu begeistern bedarf mehr als Überzeugungsarbeit.

Sabine Hoß

Bewertung:

 

 

 

 

 

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