Poetry Slam: Sommer-Fieber/Freiheit des Sommers oder einfach nur: Sommer

Poetry-Slam wird immer bekannter und beliebter – und ist auch Thema im Deutschunterricht:

Passend zum Sommer und zu den anstehenden Sommerferien ein Poetry-Slam von Johanna, 17 Jahre, der Lust auf mehr macht:

Zwei Wochen. Zwei endlose Wochen noch, bis das rettende Schrillen der „Glocke“ mich in die Freiheit entlässt.

Der hellblaue Himmel draußen verspricht die Freuden der kommenden Sommerferien.

Doch ich – Wo bin ich?

Ich sitze hier, im Klassenraum, umgeben von Kreidestaub, eingepfercht von Schulbüchern und Schulheften, gefangen durch die Pflicht des Schulgesetzes.

Ich muss raus, muss den warmen Sommerwind auf meinem Gesicht spüren, muss die Freiheit des Sommers spüren, die Verheißung von Grillabenden unterm Sonnenschirm, von kühlen Tagen im Freibad mit Eis, von Urlaub in den Bergen oder am Meer – oder besser noch, in der großen Metropole New York.

Doch das sind im Moment nur Seifenblasen, Träume, die zu Schäume werden, angesichts meiner tristen schulischen Umgebung.

Mir wird heiß, ich habe Fieber, Sommer-Fieber.

Mein Puls wird schneller, das Blut rauscht in meinen Ohren und ich habe das Gefühl eines Klaustrophoben, die Wände des Klassenzimmers kommen immer näher.

Doch ich weiß nur eins: diesem Gefühl, diesem Fieber, diesem Sommer-Fieber nachgeben, aufspringen, Schule Schule sein lassen und einfach weggehen.

Seit Anfang Juni hat es begonnen, das Sommerfieber. Doch schon bei dem leisesten Anflug von Grillgeruch kribbelte es in meinem Magen und mein Herz zog sich zusammen, bei dem Gedanken an die kommende Jahreszeit und die damit verbundene Freiheit.

Sommerferien, das bedeutet Freiheit. Es bedeutet die Freiheit lange aufzubleiben, ausgiebig zu frühstücken, ohne Blicke auf die Uhr aus Sorge, man könnte den Bus verpassen. Die Freiheit, hinzugehen, wo man will, wann man will, keine Ausreden mehr, von wegen, man müsste noch für die und die Klausur oder den und den Vokabeltest lernen.

Keine Eile, keine Hektik oder den Stress, den Schulstoff noch schnell in sich reinzupauken.

Sommer, das bedeutet: Trägheit, Faulheit, einfach nichts tun.

Und dann gibt es noch die vielen Erinnerungen, die mit dem Sommer einher kommen. Erinnerungen von Erdbeergeschmack auf der Zunge, von Autofahrtwind in den Haaren, möglicherweise auch die erste große Liebe, die aber nur eine Urlaubsliebe war, weil einen die Hektik und der Stress des Alltags wieder einfing. Doch trotzdem ist man froh, dieses Erlebnis erfahren zu haben, all die Erlebnisse, die man im Sommer hat. Wie: Tanzen im warmen Sommerregen, bei manchen der erste Urlaub ohne Eltern, die einen nicht mehr in jedes Museum schleppen oder zu jedem Grabmal einer berühmten Person ziehen können, NEIN!

Jetzt hat man die Freiheit, selbst das zu tun, was man im Urlaub tun will. Andenken, wie den kleinen Buddha kaufen, bei dem deine Mutter in Ohnmacht fallen würde, in gewagten Kleidern bis zum Morgen mit fremden Jungs tanzen und flirten, den ersten richtigen Kater bekommen, trotz des Vorsatzes, wenig zu trinken und es langsam angehen zu lassen. Den Sonnenunter- und Aufgang mit der besten Freundin ansehen, denn Sommer, das bedeutet Zeit, die kleinen alltäglichen Geschehnisse der Natur zu Deinem Highlight des Sommers zu machen.

Doch all dies rückt in weiter Ferne, wenn ich meine Augen öffne und sehe, dass ich noch immer im Klassenraum bin. Umhüllt von Kreidestaub, eingeengt durch Schulbücher und Hefte, von denen man hofft, sie würden verschwinden.

Gefangen von limettengrünen Wänden, die wohl Frische vermitteln sollen, meiner Meinung nach aber eher wie ausgekotztes Grün aussehen und den Drang in mir verstärken, dem Sommer-Fieber nachzugeben.

Doch Nein! Die Lehrer kennen kein Erbarmen, wollen bis zum Ende den Stoff durchziehen. Glauben, dass das, was sie in den verbleibenden Tagen lehren auch noch nach den Sommerferien drin sein wird. Schule ist Schule und bedeutet lernen und nicht Freiheit.

Ich schiele immer wieder auf die Uhr, ich kann nicht anders, das Sommer-Fieber zwingt mich dazu. Doch wenn ich auf die Uhr schaue, sind noch nicht mal zwei Minuten vergangen.

Das Sommer-Fieber treibt mich an, lässt mich hoffe, dass der Sommer näher rückt. Die verheißungsvolle Sommerfreiheit, die nach Sonnenschein, Sonnenmilch und Eiscreme schmeckt. Ich kann sehen, dass die anderen auch schon vom Sommer-Fieber erfasst sind. Auch ihre Blicken huschen ungeduldig zu der Uhr, auch sie sind eingepfercht von Schulbüchern und Heften, auch sie sind eingehüllt von Kreidestaub.

Zwei Wochen trennen sie und mich noch von den Sommerferien, zwei Wochen, die eigentlich unnötig sind. In denen man schon frei haben könnte, wenn die Lehrer nicht noch über unsere Noten diskutieren müssten. „Welche Noten sie uns wohl auf dem Zeugnis geben?“ leuchtet als große Neonschrift über den Köpfen aller, durch den Dunst des Sommer-Fiebers; selbst die ehrgeizigsten unter uns hoffen noch eine eins in möglichst vielen Fächern zu bekommen. Doch auch sie bleiben vom Sommer-Fieber nicht verschont und bald schwebt über jedem Kopf nur noch ein Wort, voll von Freiheit und Verheißung auf neue Erlebnisse, neue Erinnerungen, neue Tage voll von erinnerungs- und erlebnisreichen Sekunden, Minuten und Stunden:

SOMMER!

 

 

 

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