Weil.

Martin Muser

Carlsen Verlag, 27.01.2023

128 Seiten, € 13,00

ab 14 Jahre

 

 

 

Die beiden Pärchen Knut und Esther, Philipp und Selin und der gerade von seiner Freundin frisch verlassene Manuel fahren zum Lernen für das bevorstehende Abi aufs Land. Esthers gutverdienenden Eltern haben dort ein kleines, schmuckes Häuschen und Knuts kann für die Zeit den VW-Bus seiner Eltern übernehmen. Die fünf Jugendlichen kennen sich schon lange und sind eng befreundet. Unterwegs nehmen sie einen jugendlichen Anhalter mit, Liam. Als dieser aber ganz offen rassistische Bemerkungen gegenüber den farbigen Philipp äußert, lassen sie Liam nach kurzer Beratschlagung nach einem Halt an einer Tankstelle stehen und fahren ohne ihn die nur noch kurze Strecke zum Ziel weiter. Unterwegs stellen sie fest, dass Liams Tasche noch im Bus ist und diese wird nach kurzer Diskussion, was damit passieren soll, aus dem Wagen geworfen. Im Haus angekommen, richten sie sich die Freunde erst einmal ein und genießen den Sommertag mit Baden im nahen See, kochen und einem entspannten Abend, nicht ohne das Lernprogramm für die nächsten Tage festzulegen. Aber dazu soll es nicht kommen, denn in der Frühe am nächsten Morgen steht der Anhalter Liam vor der Türe und fordert seine Tasche zurück. Zur Verstärkung hat er zwei junge Männer mitgebracht, die seiner Forderung mit ihrem grenzüberschreitenden Auftreten Nachdruck verleihen. Zunächst hoffen die fünf Freunde, Liam und seine Verstärkung schnell wieder loszuwerden, spätestens dann, wenn sie die weggeworfene Tasche aus dem Graben gefischt haben, doch sie werden in eine bösartige Situation hineingezogen, in der es nicht mehr nur um diese Tasche geht, sondern um Macht, Gewalt, Angst und Ohnmacht.

Mit einem dunklen Erzählton, der erfreulicherweise auf jeden aufgesetzten Jugendjargon verzichtet, erzählt Martin Muser ein Kammerspiel, das sich mit der Frage auseinandersetzt, wie man sich verhält, wenn man in eine Situation hineingerät, in der man von jetzt auf gleich von terrorisierenden, gewalttätigen Menschen bedroht ist? Verbunden sind damit auch die Fragen, wie weit kann ich das ertragen, wie wehre ich mich und wie weit würde ich mit meiner Gegenwehr gehen? Aber auch: Was lässt jemanden zu einem empathielosen, gewalttätigen und terrorisierenden Menschen werden, der Freude daran hat, andere zu quälen? Hier war mir allerdings das Bild zu flach, dass die beiden terrorisierenden jungen Männer (natürlich) aus einer offenbar sozial beeinträchtigten Familie stammen.

Auch wenn Martin Muser durchaus spannend mit einer düsteren, beklemmenden Atmosphäre die Anziehungskraft zwischen dem Entsetzen über die scheinbare Ohnmacht der fünf Freunde gegenüber dem immer größer werden Sog an Macht und Bösen beschreibt, bleiben die Charaktere der Figuren doch recht eindimensional und oberflächlich. Er beschreibt die Protagonisten skizzenhaft und um sich selbst kreisend. Hier hätten ein paar Seiten mehr dem dünnen Büchlein gut getan.

Die philosophischen, ethischen Fragen von menschlichen Werten, wie sie uns vereinen, trennen und wie wir mit ihnen in außergewöhnlichen Situationen umgehen, die die in Teilen doch recht konstruiert wirkende und zu kurz gehaltene Story aufwirft, sind zeitlos und eine befriedigende Antwort gibt es darauf nicht, daher das „Weil .“

Eine intensivere Ausarbeitung der Figuren wie Handlung und weniger Ausrichtung auf Action- und Effekt hätte der Geschichte für mein Empfinden gut getan.

Prägnant ist das Cover mit dem harten Kartoneinband samt ungewöhnlicher Typografie.

Sabine Wagner

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