Der letzte unsichtbare Junge

Evan Kuhlmann

Aus dem Amerikanischen von Uwe-Michael Gutzschhahn

Mit Illustrationen von J.P. Coovert

288 Seiten, € 14,95

dtv junior

Hardcover

Ab 11 Jahre

Inhalt:

Finn Garrett, 12 Jahre alt, verschwindet langsam. Seine Haut verändert sich von der Standardfarbe Farbe fleischigrosa in einen immer durchsichtiger werdenden Zustand. Auch seine ehemals schwarz glänzenden Haare werden immer heller und weißer. Der Grund für diese dramatischen Veränderungen ist der plötzliche Tod von Finns Vater. Je mehr  er sich der Trauer ergibt und je weniger Lebensmut er für die Zukunft hat, desto transparenter wird er. Um seine Trauer zu verarbeiten beginnt Finn seine Erinnerungen an seinen Vater in einem Buch niederzuschreiben. Manchmal glaubt Finn, durch den Verlust seines Vaters zu verzweifeln, an der Traurigkeit zu ersticken, doch durch das Festhalten der Erinnerungen kann er mit der Zeit auch den „schrecklichen Tag, der alles veränderte“ loslassen und die Zukunft annehmen.

Rezension:

Die Aufarbeitung von Tod, den Verlust eines Elternteils ist bei Kindern oft eine Gradwanderung zwischen Rührseligkeit und Überforderung. Ganz anders bei dieser Art Tagebuchaufzeichnung aus der Sicht eines 12-jährigen. Mal frech und mit all den Vorbehalten eines Pubertierenden gegen die Schule oder erzieherische Maßnahmen der Eltern, dann wieder mit leisen, defensiven Zwischentönen. Als Finn seine Geschichte beginnt, ergibt er sich der Trauer, der Wut und auch Verzweiflung über den plötzlichen Verlust seines Vaters. Da er durch einen Sekundentod starb, hatte Finn keine Zeit, sich auf einen Abschied vorzubereiten. Je mehr er sich seinen Gefühlen hingibt, desto unsichtbarer erscheint er. Mit dieser wunderbaren Finesse, verbunden mit der lockeren Sprache, die immer wieder mit Witz und Ironie verbunden ist, erscheint die Aufarbeitung an keiner Stelle rührselig. Finn macht sich bei seinen zahlreichen Besuchen auf dem Friedhof viele Gedanken über Leben und Sterben, die zuweilen philosophisch erscheinen. Das Tempo der Geschichte wird langsamer, als Finn sich überwinden kann, seine Erinnerungen über den „schrecklichen Tag, der alles veränderte“  niederzuschreiben. Langsam, Stück für Stück, arbeitet sich Finn mit seinen Rückblicken aus seiner Transparenz heraus und schafft somit einen Blick in die Zukunft. Als er mit seiner Familie zum Gedenken an seinen Vater eine Ulme pflanzt, wirkt dies nicht rührselig, kitschig sondern zeigt auf sensible Weise, dass jeder Mensch seinen eigenen Weg zur Bewältigung von Tod und Trauer finden muss. Nicht nur durch die authentische Sprache und die Form eines Tagebuchs sondern auch durch die begleitenden, witzig-treffenden Illustrationen im Comic-Stil ist Evan Kuhlmann ein wirklich ausgefallenes Buch zu einem schwierigen Thema gelungen, das einfühlsam zeigt, dass jeder anders trauert – und Kinder noch einmal besonders.

Ein Dank auch an den Übersetzer, der den Stil treffend und gelungen ins Deutsche übersetzt hat.

Sabine Hoß

Bewertung

Sabine Hoß

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