Dieser eine Moment

Christoph Wortberg

Thienemann, Juli 2010

192 Seiten, € 14,90

ab 14 Jahre

Inhalt:

Nach einem Rendezvous mit seiner Freundin Laura radelt Jan glückselig und beschwingt nach Hause und so stört es ihn überhaupt nicht, dass er mitten in ein Gewitter gerät. Völlig losgelöst fährt er freihändig, verliert sein Gleichgewicht und gerät auf die Gegenfahrbahn. Der ihm entgegenkommende PKW versucht auszuweichen, prallt dabei jedoch gegen einen Baum.Ein Mann kann sich schwer verletzt aus dem zerstörten Wagen befreien und ruft nach seiner Begleiterin Catrin, die sich offensichtlich noch im Wagen befindet. Jan ist geschockt von der Situation und völlig überfordert flüchtet er leicht verletzt vom Unfallort. Catrin trägt so schwere Verletzungen von dem Unfall, dass sie auf beiden Augen erblindet. Monate später kreuzen sich durch Zufall erneut die Wege von Jan und Catrin. Jan kann die junge Frau nicht mehr vergessen, kann nicht länger die Schuld verdrängen, die zu ihrem Schicksal geführt hat. Doch hat Jan wirklich den Mut Catrin die Wahrheit zu gestehen?

Rezension:

Man ist vom ersten Satz sofort in der Geschichte gefangen und eingebunden. Jan fällt durch eine einzige leichtsinnige Unachtsamkeit in glückseliger Verliebtheit in ein tiefes Loch. Er schafft es nicht, Verantwortung für seinen Fehler und die Folgen zu übernehmen. Seine Freundin Laura hilft ihm lediglich beim Verdrängen und auch in seiner Familie gibt es keinen Rückhalt. Für seinen cholerischen und engstirnigen Vater, dessen Lebensinhalt seine eigene Heizungs- und Sanitärfirma ist und als liebe- und verständnisvoller Familienvater wenig taugt, macht Jan eine Ausbildung zum Heizungsinstallateur, die er hasst. Seine Mutter erledigt die Büroarbeiten im elterlichen Betrieb und funktioniert als ausgleichender Harmoniepuffer. Nur Maja, die kleine Schwester von Jan, bringt ein wenig Frische in das eintönige Alltagsgrau der Familie. Wie ein Korken treibt Jan zwischen Laura, die er zu lieben glaubt aber nicht wirklich versteht und dem furchtbaren Wissen, durch seinen Fehler das Leben einer jungen Frau dramatisch verändert zu haben. Er hat keine Ziele, keine Perspektiven und erst recht nicht den Mut, sich seiner Verantwortung zu stellen.  

Christoph Wortberg skizziert in einer bilderreichen, knappen und geradlinigen Sprache eine Familie, die nicht selten mit diesen Charakteren zu finden ist. Die Verzweiflung, Zerrissenheit und die ängstliche Suche nach Annäherung zu der erblindeten Catrin ist mit vielen Emotionen atmosphärisch dicht beschrieben. Auch der Kampf der jungen Catrin, die sich von ihrem alten Leben verabschieden und ein völlig neues sich erarbeiten muss, wie die Erkenntnis, erst durch ihre Blindheit manches erst klar zu sehen, ist sensibel und geschliffen herausgehoben.

Vielleicht ist es ein wenig zu viel Zufall und Konstruktion, dass sich die beiden immer wieder begegnen und Catrin den schroffen und in sich gekehrten Jan anziehend findet, sie sogar mit ihm eine unüberlegte, abenteuerliche Flucht begeht. Trotzdem schafft es Christoph Wortberg der Geschichte einen runden, gefühlvollen Spannungsbogen zu geben und zu halten. Das lässt auch das Ende verschmerzen, das mir zu glückselig ist, allerdings wieder den Bogen zum Anfang der Geschichte schließt. Mit dem kleinen, aber sehr feinen Unterschied, dass Jan jetzt nicht nur glaubt, einen Menschen zu lieben, er weiß es.

Eine Geschichte, die Mut macht, dass es Fehler zu machen zum Leben dazugehört. Aber genauso gehört es dazu, sie sich einzugestehen und die Verantwortung dafür  zu übernehmen.

Ein Wort zum Cover: Das Bild mit seiner verwaschenen Überschrift, den abperlenden Regentropfen und dem gleißend strahlendem Gegenlicht ist hervorragend und treffend gewählt.

 Sabine Hoß

 Bewertung:

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