Diese eine Nacht im November

Diese eine Woche im November von Michael Wallner

Michael Wallner

cbj, 18. November 2013

320 Seiten, € 16,99

ab 14 Jahre

 

 

 

Inhalt:

Tonio und seine jüngere Gefährtin Pippa leben in Venedig und hauptsächlich davon, dass sie unachtsamen Touristen mit raffinierten Tricks Brieftaschen aus ihren Taschen klauen. Das Geld und die Karten geben sie an Rinaldo weiter, der in seinem Hauptquartier weltweit die Arbeit und Entwicklungen der Banken überwacht und gegeben falls mit seinen Methoden eingreift. Als Julia mit ihrem Vater einen überraschenden, gemeinsamen Urlaub in Venedig verbringt, trifft sie auf Tonio. Der hat ihr zunächst ebenfalls die Geldbörse entwendet, ist aber gleichzeitig von der Schönheit Julias fasziniert, bekommt ein schlechtes Gewissen und gibt ihr das Portemonnaie zurück. Obwohl Julia den berechtigten Verdacht hat, dass Tonio ein kleiner, gemeiner Dieb ist und ihm das auch furchtlos entgegen schmettert, ist sie gleichermaßen neugierig auf diesen merkwürdigen Jungen. Während ihr Vater sich wegen eines Kunstraubs in seiner Heimatstadt Düsseldorf mit einem Kollegen trifft, da die Spur der Ermittlungen in die Lagunenstadt führt, freundet sich Julia zaghaft mit Tonio an. Er zeigt ihr die verwinkelten Gassen und Orte, die sich fernab der Touristenströme verbergen. Durch Zufall treffen sie auf die geheime Bruderschaft der Trucidis, die schon seit Jahrhunderten die Stadt Venedig regiert. Als Julia und ihr Vater von dieser Bruderschaft als Geisel genommen werden, macht sich Tonio auf, um die beiden zu befreien. Aber wie soll er alleine sich gegen die mächtigen und skrupellosen Gangster der modernen Bruderschaft stellen? Sein Arbeitgeber Rinaldo unterstützt ihn, doch keiner von ihnen ahnt, in welcher Gefahr sie schweben.

 

Rezension:

Michael Wallner, 1958 in Graz geboren, ist neben Theaterschauspieler, Opernregisseur auch ein bekannter Autor in der Erwachsenen- und Jugendliteratur, wie auch Drehbuchautor für Film und Fernsehen. In der Jugendliteratur machte er sich mit „Zeit des Skorpions“ (cbt, 2008) einen Namen, gefolgt von „Blutherz“ (cbt, 2009) und „Blutjäger“ (cbt, 2010). In der Reihe „Secret Mission“, ebenfalls cbt, erschienen von ihm  2011 und 2012 die beiden Bände „Einsatz in New York – Band 1“ sowie „Das Drogenkartell – Band 2“.

Mit seinem neuen Roman führt er den Leser in das gegenwärtige Venedig, kombiniert, laut Klappentext, eine romantischen Liebesgeschichte mit einem Krimi, der die historische Geschichte und Bruderschaften Venedigs mit einbezieht. Wallner schreibt die Geschichte im Präsens, was ungewöhnlich ist, woran man sich aber gewöhnt. Mehr als sperrig  und hölzern wirkt dagegen seine literarische Sprache. Da gibt es kurze drei, vier Wort-Sätze, die weder Atmosphäre in die Geschichte bringen, noch die Charaktere dem Leser positiv oder negativ näher bringen. Sie bleiben oberflächlich und blass, wirken allenfalls schablonenhaft. Von Sympathie bis Antipathie dümpelt man bei den  Hauptprotagonisten hin und her, was sich bis zum Schluss nicht festigt. Die bemühten Umschreibungen wirken wie Aufzählungen und haben den Charme einer Gebrauchsanleitung. Wenn man vielleicht im Lektorat den Hintergedanken hatte, man dürfe heute die Jugendlichen nicht mehr mit langen, beschreibenden Sätzen „belasten“, hat man dies hier erfolgreich gemeistert. Es sind minimalistische Sätze gelungen, wie „Pippa hat keine Eltern mehr“ … „Pippa geht zur Schule“…“Dort kommt Tonio.“ Ein Lesegenuss bietet dieser Stil allerdings nicht. Und ob Lesefaule damit gereizt werden können, glaube ich kaum. Außerdem werden zu oft hintereinander gleiche Satzanfänge benutzt und kurz danach das Sätzchen knackig kurz beendet, beispielsweise „Er zockt…, Er dreht sich,…Er sah sich um…“ . Jeder Schüler würde sich hier von seinem Deutschlehrer in einem Aufsatz o.ä. eine schlechte Note einheimsen.

Der eigentlich Plot, der einen mysteriösen Kunstraub in Düsseldorf mit der noch viel mysteriöseren Bruderschaft in Venedig verbindet, könnte eigentlich spannend sein, wenn er nicht so verworren, konstruiert und hölzern geschrieben wäre. Zu manchen logischen Ungereimtheiten wirken die sozialkritischen Attitüden, das der Planet krank ist und die Tatsache, dass die reichen Länder auf dem Rücken der armen Länder ihren Profit generieren, wie moralinsaure Abschnitte aus einem Schulbuch. Statt auf psychologische Spannung zu setzen, lässt Wallner es krachen, da darf es gerne eine abgehakte Hand sein oder beim finalen Höhepunkt eine wilde Schießerei, die einem Western alle Ehre gemacht hätte. Ob das zu einer „romantischen Hommage an die Lagunenstadt“ passt?

Apropos „Romantik“: Natürlich fehlt auch in dieser Geschichte nicht der immer gewollte „love interest“. Allerdings hat man mehr das Gefühl, dass die Liebelei zwischen Tonio und Julia einseitig ist. Sie spielt mit ihm, lässt sich fallen, wenn die Situation aussichtslos erscheint und wirkt wieder kühl und abweisend, wenn sich alles beruhigt hat. Das ist sicher eine denkbare Variante, es muss sicher nicht immer ein „Happy end“ sein. Aber klare Charaktere oder eine spürbare Entwicklung vermisst man hier.

„Diese eine Woche im November“ ist weder eine romantische Liebesgeschichte, noch ein wirklich fesselnder Krimi. Das Buch erscheint vielmehr wie ein literarisches Experiment. Experimentieren kann und soll jeder Autor. Nur muss nicht jedes Experiment mit der Bewerbung als „große Überraschung der deutschen Literatur“ auf den Markt gebracht werden. Denn wie empfiehlt „Buchhändler heute“:

„Michael Wallner kann schreiben, oh ja!“

Dem pflichte ich aus dem in der Vergangenheit gelesenen nur bei; dieser Roman steht allerdings weit hinter dem, was der Autor eigentlich kann.

Das Cover ist auf die Zielgruppe der weiblichen Leser gerichtet und impliziert eine romantische Story in Venedig.

Sabine Hoß

Bewertung:

 

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