Der Turm der Drachenlenker

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Ellen van Velzen

Aus dem Niederländischen von Meike Blatnik

Gerstenberg, Juni 2015

240 Seiten, € 14,95

ab 11 Jahren

 

 

Solange der verträumte Jani denken kann, schweben 496 Drachen in allen Formen, Größen und Farben über seinem Dorf. Sie beschützen die Bewohner vor dem Bösen und unheimlichen Gefahren. Die Drachenlenker, die in einem eigenen Turm leben, sorgen dafür, dass stets die richtige Anzahl der leicht zerbrechlichen Flugapparate in tadellosem Zustand am Himmel das Dorf sichern. Obwohl die Drachenlenker die schwierigste und wichtigste Aufgabe des Dorfes erfüllen, werden sie von der Gemeinschaft abschätzig  betrachtet und gemieden. Vor allem die Kinder verspotten sie gern. Jani fühlt sich dagegen von den Drachen am Himmel magisch angezogen und er versucht so gut es geht, sich nicht an den Hänseleien seiner Spielgefährten zu beteiligen. Eines Tages verunglückt Amsel, eine ältere und verwirrte Frau aus dem Dorf, tödlich im Wald , was alle in Aufruhr versetzt. Das Böse scheint wieder zugeschlagen zu haben. Hat der Schutz der Drachen nachgelassen oder haben die Drachenlenker einen verhängnisvollen Fehler begangen? Es häufen sich immer mehr Anzeichen, dass irgendetwas furchtbares im Wald das Dorf bedroht. Als Alter Drachen, der älteste Drachenlenker, Jani erlaubt, unter seiner Aufsicht einen Drachen kurz zu halten und zu lenken, ist es um den Jungen geschehen. Er will unbedingt ein Drachenlenker werden, auch wenn es bedeutet, aus der Dorfgemeinschaft ausgeschlossen zu werden. Alter Drachen stellt in Gesprächen mit Jani fest, dass er tatsächlich die notwendigen Fähigkeiten mitbringt und ist fortan für ihn sein Mentor. Nur der Lenker Neuer Drachen sieht das anders. Er stellt sehr hohe Ansprüche an den Jungen, die er kaum erfüllen kann. Alter Drachen setzt sich jedoch durch und Jani darf in die Ausbildung. Als er durch eine Unachtsamkeit einen Drachen verliert, wird er von Neuer Drachen körperlich hart bestraft und muss ohne jede Hilfe einen neuen Drachen bauen. Eine große Herausforderung für Jani, denn dabei muss er lernen, Grenzen einzuhalten,  Anweisungen zu befolgen und trotzdem seinen eigenen Weg finden. Hinzu ereignen sich weitere furchtbare Ereignisse vor dem Dorf, die deutlich machen, dass die Bewohner nicht mehr ausreichend gesichert sind.

Es ist eine ruhige Geschichte, die Ellen van Velzen vor dem Hintergrund einer magisch-mystischen Rahmenhandlung setzt, was grundsätzlich nicht negativ zu bewerten ist. Die Grundidee liest sich zunächst spannend, doch es bedarf viel Geduld zwischen den Seiten zu bleiben. Zwar strahlt die Sprache (Übersetzung Maike Blatnik) eine faszinierende poetische Ausstrahlung aus, die allerdings leider nicht über die sperrige Langatmigkeit in der Handlungsentwicklung hinwegsehen lässt. Es gibt natürlich Höhepunkte, doch die werden so mühsam erlesen, dass es schwer fällt, sie wahrzunehmen und sich daran zu erfreuen.

Auch die einzelnen Figuren bleiben blass und ohne Tiefe, selbst bei der Hauptfigur Jani ist keine wirkliche Entwicklung erkennbar. Die Tatsache, dass er am Schluss eine tragende Rolle als Retter erhält, zeigt sich dramaturgisch nicht wirklich schlüssig. Das wunderbare Cover erweckt einen farbenprächtigen und magischen Eindruck, der sich leider zwischen den Seiten wiederfindet. Die Beziehung zwischen Jani und dem Drachenlenker Neuer Drache zeigt sich schwierig, komplex und letztlich überfrachtet. Man fragt sich, warum diese Konstellation überhaupt so von der Autorin gewählt wurde, wird sie doch nur oberflächlich aufgelöst.

Die Grundidee der magisch-mystischen und als Legende verpackten Geschichte hätte interessant und spannend werden können. Doch die langatmige, nicht immer schlüssige Handlungsentwicklung und die farblosen, sich nicht überzeugend entwickelnden Figuren bestätigen nicht das einladend wirkende Cover, da kann auch die Übersetzung leider nicht viel ändern, die versucht atmosphärisch das Beste herauszuholen.

Sabine Hoß

Bewertung:

 

 

 

 

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