Entscheide Dich!

Annika Thor

Aus dem Schwedischen von Angelika Kutsch

Beltz & Gelberg, August 2010

176 Seiten, € 12,95

ab 14 Jahre

Inhalt:

Jesper und Abbe sind schon lange Freunde. Beste Freunde. Obwohl Abbe nicht unbedingt zu den angesagtesten Jungs in der Klasse zählt und sie völlig unterschiedlich sind, ist es kein Mitleid, was Abbe zum besten Freund von Jesper macht. Beide lieben es Bücher zu lesen, am liebsten Fantasybücher, ebenso sich im Kleiderschrank in eine eigene entwickelte Fantasywelt der Realität zu entziehen. Abbes Lieblingsspiel ist „Wie würdest Du entscheiden, wenn Du die Wahl hättest…“.  Als sich Jesper in seine Klassenkameradin Annie verliebt, zieht sich Abbe immer mehr zurück.  Jesper bemerkt das sonderbare Verhalten seines besten Freundes, ist aber so verliebt in die geheimnisvolle Annie, dass er für den Moment den Abstand von Abbe akzeptiert. Während einer Party, zu der Jesper und Annie nicht gegangen sind, passiert etwas furchtbares. Einer der Jungens stiftet seine Kumpels an, sich brutal an seiner Exfreundin zu rächen. Abbe ist mit dabei und versucht verzweifelt, Jesper zu erreichen. Doch Jesper meldet sich nicht und Abbe muss alleine entscheiden, wie er handeln soll.

Rezension:

Abbe und Jesper gehören nicht wirklich zu der Klassenclique, in der es neben dem Schulalltag meist um Liebeleien, Machtproben und Alkohol geht. Abbe kann mit seinem ewigen Gedankenspiel „Wofür würdest Du dich entscheiden, wenn Du die Wahl hättest zwischen…“ ziemlich nerven, was alleine Jesper in freundschaftlicher Geduld erträgt. Als sich Jesper jedoch in Annie verliebt, die ebenfalls eine geheimnisvolle Außenseiterposition in der Klasse besetzt, sondert sich Abbe immer mehr von ihm ab und wendet sich gleichzeitig der bisher gemiedenen Klassenclique zu. Jesper ist hilflos und unglücklich darüber, schafft es aber in seiner Verliebtheit nicht, Abbe klarzumachen, dass die Freundschaft zu ihm weiterhin Bestand haben wird. Da Annie sich auch um ihre depressiv-kranke Mutter kümmern muss, steht für Jesper die Beziehung zu ihr momentan an erster Stelle. In einer ruhigen, knappen und trotzdem sehr einfühlsamen Sprache beschreibt die Autorin die Gefühle und Denkweise der beiden Freunde Jesper und Abbe. Die Entwicklung einer tiefen Jungenfreundschaft, der Abstand, als sich plötzlich ein Mädchen dazwischen drängt, die Verletzlichkeit, Verzweiflung des einen über die Veränderung und die gleichzeitig glückselige Verliebtheit, neben der Zerrissenheit zwischen zwei Stühlen zu sitzen, des anderen. Während einer Party der Klassenclique, bei der Jesper und Annie nicht dabei sind, rächt sich ein Klassenkamerad auf furchtbare Art und Weise, in dem er seine betrunkenen Kameraden zu einer Vergewaltigung der ebenfalls völlig betrunkenen Exfreundin anstachelt. Auch Abbe ist dabei, doch er versucht verzweifelt seinen Freund Jesper zu erreichen. Leider geht hier der Geschichte wertvolle Tiefe verloren. Wenn man sich schon eine solch barbarische Situation wie der einer alkoholgeschwängerten Vergewaltigung von 14-jährigen aussucht, um die Differenzen in einer Jungenfreundschaft zu einem Höhepunkt zu bringen, dann darf dieser Akt des sexuellen Missbrauchs nicht nur so oberflächlich gestreift werden, wie es hier zum Ende der Geschichte dargestellt wird. Der Zusammenhang und die Folgen für das Opfer, Abbe und die Cliquenkameraden werden zu flüchtig erzählt und die Auswirkungen nur verwischt beschrieben.

Hier wäre eine intensivere Entwicklung für die nur angerissene aber äußerst brisante Thematik nötig und wichtig gewesen.

Das ist schade, denn das Buch zeigt ansonsten eindrücklich, wie schwer die Balance zwischen einer Jungenfreundschaft, und der ersten Liebe sein kann, verbunden mit vielen kleinen Veränderungen, die den Heranwachsenden begleiten. Es zeigt auch, dass es nicht nur Schwarz und Weiß gibt und das man immer eine Wahl hat. Die Kunst liegt darin, sich für das Richtige zu entscheiden.

Das das Ende der Geschichte offen bleibt, ist schlüssig und lässt dem Leser die Möglichkeit zu überlegen, wie sich die Beziehungen der Protagonisten weiterentwicklen könnte.

Sabine Hoß

Bewertung:

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