Die Scanner

Robert M. Sonntag

Fischer, März 2013

aus der Reihe „Die Bücher mit dem blauen Band“

192 Seiten, €  12,99

ab 12 Jahre

 

 

 

Inhalt:

Im Jahr 2035 gibt es keine gedruckten Bücher, Zeitungen oder Zeitschriften mehr. Der 25 Jahre alte Rob wohnt noch bei seinen Eltern und arbeitet wie sein Kumpel Jojo als Buchagent für die Scan AG, einem Tochterunternehmen des Weltkonzerns Ultranetz. Ihre Aufgabe ist es, die Welt papierfrei zu machen nach dem Motto: „Alles Wissen für alle! Jederzeit! Kostenlos!“ Doch es scheint, dass die Zeit der Scanner vorbei ist, alle Bücher und Leser scheinen gefunden und gescannt, digitalisiert zu sein. Auf ihrer mühsamen Suche nach dem nächsten Leser treffen Rob und Jojo auf einen alten Mann, Arne Bergmann, der mit seiner Kleidung und langen grauen Haaren so ganz anders aussieht, wie alle anderen in der uniformierten, rasierten Welt. Und, er liest in einem Buch. Doch alle Überredungskünste von Jojo, dieses Buch zu bekommen, prallen an diesem Mann ab. Er schenkt es Rob mit der Bitte, dass er es, bevor es mit dem scannen vernichtet wird, vorher zu lesen. Mit einer versteckten Botschaft lotst Bergmann Rob in die C-Zone, die Zone zu einem verdeckten Treffpunkt. Als Rob herausfindet, dass Arne Bergmann wohl zu einer gesuchten terroristischen Vereinigung gehört, auf die Kopfgelder ausgesetzt sind, lässt sich Rob auf dieses Treffen ein. Er gerät in den Kreis einer Untergrundorganisation, der geheimen Büchergilde. Rob ist fest entschlossen, seinem Arbeitgeber treu zu dienen und an den gelernten Gesetzen nicht zu zweifeln, doch die Mitglieder der Büchergilde erzählen ihm ganz unbekannte Seiten aus einer anderen Welt.

Rezension:

Science-Fiction taucht in der aktuellen Kinder- und Jugendliteratur selten auf, es überwiegt  die Masse der sich immer ähnlicher und damit langweilig werdenden Dystopien. Von daher hat der Autor Martin Schäuble ein außergewöhnliches Genre für seine Geschichte gewählt. Rob erzählt aus seiner Sicht (der seine Erinnerungen als Autor in diesem schmalen Buch festgehalten hat, was eine raffiniert umgesetzt ist)  in einer klaren, knappen Sprache, wie die Welt in zwanzig Jahren aussieht. Dabei gibt es interessante Entwicklungen und Parallelen aus der Gegenwart, die mit Ironie überzeichnet sind. So gibt es zum Beispiel die Mobril, (google-glass, die es bisher nur als Prototyp gibt) die alle tragen müssen und über die sie ständig mit Ultranetz (facebook) verbunden sind. Ein Abnehmen dieser Brille bringt Komplikationen mit sich, denn damit ist die Kontrolle von Ultranetz über den Träger nicht gesichert. Die soziale Gesellschaft ist in drei Zonen eingeteilt. In der A-Zone leben die mit Arbeit und bezahlbarem Wohnraum, wobei dieser eher an größeren Zellen erinnert, in der C-Zone leben die Ärmsten, Kranken und Senioren, in der B-Zone lebt die graue Mittelmasse. Nahrungsmittel gibt es nur noch in Aroma-Form, Spaziergänge und soziale Kontakte finden nur noch in virtuellen Welten statt. Rob erkennt jedoch im Laufe des Buches, das Ultranetz die komplette Kontrolle über die Menschen haben will und zweifelt an dem, was ihm bisher beigebracht wurde.

Durch diese vielen faszinierenden, weitergedachten Ideen präsentiert sich uns eine Welt, die kalt, künstlich und in weiten Teilen empathielos ist. Von daher ist es nicht nur science-fiction sondern durchaus auch eine düstere dystopische Vision. Obwohl man an Robs Geschichte dran bleibt, springt nicht so richtig der Funke vom Hauptprotagonisten über, es bleibt eine merkwürdige Distanz und bis zum Schluss bleibt er eine zwiespältige Figur. Auch den anderen Figuren, wie z.B. Arne Bergmann, hätte ein wenig mehr Tiefe und Charisma gut getan. Der Spannungsbogen wird solide aufgebaut und gehalten, lebt aber nicht von großer Action oder gewaltigen Szenen sondern von den stillen Entwicklungen und atmosphärischen Beschreibungen. Darauf muss man sich einlassen, ansonsten könnte man enttäuscht werden.

Martin Schäuble ist mit seinem Science-Fiction-Roman ein bedrückender Ausblick in die gar nicht so ferne Zukunft gelungen, der aus dem dystopischen Einheitsbrei heraussticht. Der Autor zeigt uns visionär, wie sehr wir uns der Kontrolle von facebook & Co. beugen, ohne zu wissen, was alles an welchen Daten wohin verschwindet. Wie schnell uns hier die Zensur und Macht eines Netz-Weltkonzerns beschneidet, hinterlässt ein mulmiges Gefühl. Und nicht zu vergessen ist es ein leidenschaftliches Plädoyer für die Welt der Bücher. Für Bücher in haptischer Form und nicht auf einem kalten elektronischem Gerät.

Das Cover ist doppelt gut gelungen: Zum einen der Schutzumschlag mit der futuristisch anmutenden Brücke im Hintergrund und den fliegenden Büchern samt dunklen Gestalten, zum anderen der schlichte blaue Einband mit der weißen Feder und den Initialen „BG“ für den Geheimbund der Büchergilde. Ein guter Ersatz für den schmucken Leineneinband, den früher die „Bücher mit dem blauen Band“ zierte. Das blaue Band fehlt natürlich auch jetzt nicht.

Sabine Hoß

Bewertung:

Ein Interview mit dem Autor findet Ihr hier:

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