Beim nächsten Mann links abbiegen – Navi ins Glück

Navi ins Glück KLEIN

Caro Martini

dtv, Mai 2015

256 Seiten, € 8,95

all age

 

 

 

Wie in jedem Jahr, stelle ich auch 2015 einen humorvollen Unterhaltungsroman vor, der sich als Entspannungslektüre bestens eignet.

Sicher kennen auch andere das Gefühl der Orientierungslosigkeit, das mich zuweilen überfällt und den Anschein erweckt, dass diese wunderbaren kleinen Navigationsgeräte genau für uns erfunden wurden. Mit der Zeit habe ich dankbar herausgefunden, dass nicht nur Frauen zeitweise den richtigen Weg suchen, sondern auch unsere männlichen Artgenossen. (Wobei diese lieber zehnmal um den Block mit immer größer werdenden Radius fahren, als einmal jemanden nach dem Weg zu fragen…)

Auch Lucie, die Protagonistin des „Chicken-Lit-Romans“ fährt ein wenig planlos durch ihr Leben. Sie ist der Typ Frau, der gerne alles plant, abwägend überlegt, strukturiert und kontrolliert ist. Ihre beste Freundin Charlie ist dagegen um einiges spontaner, lebhafter und direkter als ihre Freundin, hat kein eigenes Auto, dafür oder deswegen ist auch ihr Orientierungssinn nicht gerade der Beste. Lucie ist Mitte Dreißig, liebt historische Romane über alles und arbeitet seit sechs Jahren als Sekretärin für David Engelbrecht, dem „klügsten, charmantesten und jüngsten Professor für altenglische Literatur“– und ist genauso lange heimlich in ihn verliebt. Der smarte Professor weiß durchaus seine Sekretärin zu schätzen, allerdings ausschließlich auf der professionellen Arbeitsebene – und diese nutzt er auch  schamlos aus, ohne dass Lucie stutzig wird.

Als ihr Chef sie wieder einmal mit einer aufwendigen, zusätzlichen Arbeit beauftragt und sie ihn heimlich dabei beobachtet, wie er sich mit einer Studentin vergnügt, statt seine Arbeit selber zu erledigen, macht Lucie sofort einen drastischen Schlussstrich, was normalerweise gar nicht zu ihr passt: sie kündigt fristlos.

Während Lucies Eltern milde entsetzt darüber sind, dass ihre Tochter einfach den Job geschmissen hat, ohne einen neuen in der Hinterhand zu haben, keine feste Beziehung hat, Enkelkinder weit und breit nicht in Sicht sind, empfiehlt ihr Charlie doch endlich das Leben und die Freiheit zu genießen. Ohne wirklich zu wissen, wie es jetzt weitergeht, macht sie sich erst einmal auf den Weg in ihr neues Leben mit dem ebenso neuen Navi-Gerät, das sie zuvor auf dem Flohmarkt von einem geheimnisvollen Typen abgekauft hat. Doch das gebrauchte Teil führt ein Eigenleben, das sehr dominant den Zieleingaben von Lucie entgegensteuert. Als das Gerät sie mit der warmen deutschen Synchronstimme von George Clooney mit „Hallo Lucie, wo soll es hingehen?“ begrüßt, glaubt die Angesprochene zunächst noch an einen Scherz und sucht die versteckte Kamera. Doch die ist unauffindbar und das muntere Eigenleben des Navigationsgeräts mit ganz eigener Zielfindung und ausdrucksstarker Persönlichkeit wird Lucie die nächste Zeit mit Tempo auf eine sehr abwechslungsreiche Tour in einen neuen Lebensabschnitt leiten.

Dabei findet sie sich durchaus in chaotischen und bizarren Situationen wieder und es dauert eine Weile, bis sie sich auf ihr Navi einlässt und sich zum ersten Mal einfach in ihrem Leben treiben lässt und ihren Entscheidungen traut, auch wenn sie nicht weiß, wohin sie führen. Dabei findet sie einen Hund und nimmt ihn auf, obwohl sie eigentlich Hunde nicht leiden kann und laut Hausordnung auch keinen halten darf.

Doch Lucie muss noch einige Kreuzungen überqueren und Spuren wechseln, bevor „George“ endlich sagt „Lucie, Du hast Dein Ziel erreicht“ und fortan schweigt. Als Abschiedsgeschenk hinterlässt „George“ ihr den Hinweis, dass sie das Gerät bitte an den nächsten weitergeben soll, für den es wichtig ist, wieder auf den rechten Weg gebracht zu werden. Und Lucie staunt nicht schlecht, an wen sie „George“ weitergeben wird…

Wer einen herrlich amüsanten geschriebenen Unterhaltsroman sucht, der wird mit dem ersten Navi-Roman auf seine Kosten kommen. Süffisant und ironisch durchleuchtet Caro Martini die weiblichen Raffinessen wie die männliche Wendigkeit. Frech aber nicht flach lässt sie Lucie von der stringenten aber etwas steifen Frau, die sich selbst und ihre Entscheidungen immer wieder in Frage stellt und mit mäßigem Selbstwertgefühl durch ihr Leben trippelt, zu einer jungen Frau entwickeln, die es wagt, sich fallen zu lassen und ihrem Bauchgefühl zu trauen. Das alles verpackt die Autorin in einer temporeichen Story mit abwechslungsreichen Wendungen, die den Lesegenuss bis zum Schluss spannend halten.

Wer hat noch nicht den Gedanken und Wunsch gehabt, dass so ein Navi-Gerät mit einem sprechen könnte? Wie verrückt wäre es, wenn es dann noch mit höherer Macht und Weitsichtigkeit die Fahrende an das „richtige“ Ziel bringt, das dann gerne vom eingegebenen abweichen dürfte. Wenn es dann auch noch die Stimme von George Clooney hätte und das Ziel vielleicht auch noch so ähnlich oder entsprechend passend anders aussehen würde… Wahnsinn!

Liebe Frau Martini, wo bitte war der Flohmarkt, auf dem Lucie von diesem Mann im roten Mantel dieses Navigerät abgekauft hat??? 🙂

Für alle, die eine leichte Urlaubs– oder Abendlektüre suchen – mit diesem Routenplaner wird der richtige Weg, (respektive Mann) gefunden; und das mit sehr viel Spaß!

Sabine Hoß

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