Der erste Tod der Cass McBride

Gail Giles

Aus dem Amerikanischen von Eva Plorin

Umschlaggestaltung: David Hauptmann

Thienemann, Januar 2011

240 Seiten, € 13,90

ab 15 Jahre

Inhalt:

Cass ist ein attraktives, intelligentes und überaus arrogantes Mädchen – eine „High School-Queen“ par excellence. Dafür investiert sie alles. Sie gehört zu der neuen modernen Gruppe der „Lebenslaufperfektionierer“. Sie hat ein klares Ziel, sie will Homecoming Queen werden. Dazu nutzt sie ihre Schulkameraden aus, um die meisten Stimmen für sich zu sammeln. Das macht sie subtil geschickt, so dass nie negatives an ihrem Benehmen hängen bleibt. Als der unscheinbare David sie um ein Date bittet, lässt sie ihn abblitzen. David ist ein Außenseiter und wird zu Hause von seiner Mutter, die von ihrem eigenen Leben verbittert und gefrustet ist, unentwegt gedemütigt. Sein Bruder Kyle ist seine einzige Stütze, doch seitdem er nicht mehr zu Hause lebt, kann er ihn kaum noch schützen. Die weitere Erniedrigung im Abblitzen von Cass verkraftet David nicht und erhängt sich in einem Baum im Garten seines Hauses. Nicht ohne vorher eine eindeutige Nachricht an seinem Körper zu befestigen. Davids Bruder Kyle schwört Rache und Cass steckt plötzlich in einer engen Kiste unter der Erde. Per Walkie-Talkie ist sie mit Kyle verbunden. Aus zermürbendem Schweigen entwickelt sich ein Dialog zwischen Cass und ihrem Entführer. Sie versucht verzweifelt, die Hintergründe seiner Tat zu verstehen und gleichzeitig ihre Unschuld zu beweisen.

Rezension:

Man vermutet zunächst gar nicht, welch explosiver Stoff in diesem kleinen Büchlein steckt. Doch schon die originelle und auffallende Umschlaggestaltung mit einem ausgerissenen Loch, dahinter eine Holzplanke mit dem grob gedruckten Titel gibt bereits einen kleinen Eindruck, was sich hinter dem Cover verbirgt. Es gibt nicht viele Bücher, die einen vom ersten Satz gefangen halten und es wirklich schwer machen, die Seiten aus der Hand zu legen. Gail Giles hat es mit ihrer raffinierten Erzählstruktur und einem atemberaubenden Spannungsbogen bei dieser Geschichte eindeutig geschafft. Drei Personen erzählen die Geschichte: Kyle, der die High School-Queen Cass gekidnappt, in einer Kiste vergraben hat und mit ihr durch ein Walkie-Talkie in Verbindung steht. Cass, die Kyles kleinen Bruder David einen Korb für eine Verabredung gegeben hat und Ben, der Kommissar, der versucht, alle Spuren des Verbrechens zusammenzutragen. Diese drei Protagonisten erzählen in wechselnder Folge ihre Sichtweise und Entwicklung des Dramas und binden andere Personen mit ein. Dabei springen sie in die Vergangenheit, wechseln wieder in die Realität und tragen mit dieser ausgeklügelten Sammlung kleiner Mosaiksteine den Hintergrund der Tragödie zusammen. Durch die effektvolle Abwechslung erreicht die Geschichte einen fesselnden Spannungsbogen bis zur letzten Seite. Nicht nur die Charaktere der Hauptprotagonisten sind ausgefeilt und intensiv beschrieben, auch die „Nebendarsteller“, wie die verbitterte und nicht zur Liebe fähigen Mutter von Kyle und David, die Eltern von Cass sind in all ihren Abhängigkeiten und Unzulänglichkeiten deutlich dargestellt. Kyle gibt Cass durch ein Walkie-Talkie die Möglichkeit mit ihm in Verbindung zu bleiben. Zunächst regiert der Hass gegenüber Kyles Verhalten, schließlich trägt sie in den Augen seines Bruders die Hauptschuld am Freitod von David. Doch aus den zunächst widerwilligen und ablehnenden Gesprächsfetzen entwickelt sich ein Dialog, in denen sie sich gegenseitig Einblicke in ihr privates Leben geben und sich damit ungewollt annähern. Diese tiefen Einsichten werden für Cass ziemlich gefährlich. Die Entwicklung menschlicher Abgründe hat Giles fast wie in einem Film mit höchst spannenden und schnell aufeinander folgenden Szenen beschrieben.

Cass McBride gilt in Amerika als die „Queen of Thrillers for young adults“ und mehrere ihrer Jugendromane sind preisgekrönt. Neben den USA, Kanada, Australien und Großbritannien erscheinen ihre Bücher auch in Dänemark und den Niederlanden. Thienemann hat sich nun die Rechte für Deutschland gesichert und wir dürfen neugierig sein, ob auch die weiteren Psychothriller der Autorin diese hervorragende Mischung von Haarspitzenspannung in Verbindung verstörter Schicksale und menschlicher Abgründe bieten.

Sabine Hoß

Bewertung:

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