Sternkinder

 

 Clara Asscher-Pinkhof

Aus dem Niederländischen von Mirjam Pressler

Dressler, Februar 2011

288 Seiten, € 12,95

ab 12 Jahre

Inhalt:

„Sternkinder“ beschreibt die Judenverfolgung während des zweiten Weltkrieges in den Niederlanden. Das Buch, das in drei Abschnitten unterteilt ist, hat keinen festen Handlungsverlauf oder bestimmte Protagonisten. Clara Asscher-Pinkhof erzählt aus der Sicht verschiedener Kinder unterschiedlicher Altersstufen, die immer anonym bleiben, wie sie ihren Alltag, ihre Kindheit, während der Naziherrschaft und Verfolgung wahrnehmen. In dem Abschnitt „Sternstadt“ lässt sie die Kinder erzählen, wie sie das stark reglementierte Leben und Aufwachsen in den jüdischen Ghettos erleben. Im „Sternhaus“, daß das Theater „Showbourg“ darstellt, müssen sich alle Juden einfinden, bevor sie weiterdeportiert werden. Die qualvolle Enge, das Warten, die Ungewissheit, wohin es geht und was die Menschen dort erwartet, werden eindrucksvoll beschrieben. In „Sternwüste“ lässt sie aus Kinderaugen das unermessliche Leid und die katastrophalen Zustände in dem Durchgangslager Westerbork erzählen: Es gibt keine Intimsphäre, Männer und Frauen müssen getrennt wohnen, sie dürfen sich nur eine kurze Zeit am Tage sehen. Die Angst vor dem Montag, der Tag, an dem jede Woche die Insassen der Baracken in das Konzentrationslager Bergen-Belsen deportiert wurden. Viele Kinder sind ohne ihre Eltern in diesem Lager gelandet. Sie wissen nicht, wo sie sich aufhalten und ob sie sich jemals wiedersehen werden. In dem Abschnitt  „Sternhölle“ beschreibt die Autorin die Verzweiflung, Angst und Ohnmacht der Menschen vor ihrer Deportation nach Bergen-Belsen und für nur 222 Menschen die befreiende Reise nach Palästina. Die unterschiedlichen, manchmal kindliche, naive Betrachtungsweisen aber auch abgeklärte, hoffnungslose, Erkenntnis der Kinder und Jugendlichen machen dieses Buch zu einem Klassiker wie das „Tagebuch der Anne Frank“.

Inhalt:

Dieses wertvolle Buch hat bereits 1962 den Deutschen Jugendliteraturpreis erhalten. Nun liegt fast fünfzig Jahre später eine neue Übersetzung von Mirjam Pressler vor. Auf die Frage nach dem „warum“, antwortet Mirjam Pressler in ihrem Nachwort, „dass in der früheren Übersetzung ganze Absätze und Geschichten fehlten, außerdem geht man heute mit der Übersetzung respektvoller um.“ Dieses Buch ist sicher ein Klassiker wie das „Tagebuch der Anne Frank“, droht aber in den heutigen Büchermassen unterzugehen. Deshalb ist eine neue, originalgetreuere Übersetzung so wichtig, damit diese Überlieferungen auch jungen Generationen weitergegeben werde kann. Ein Grund, warum dieses Buch bis heute hin eine solche Bedeutung hat, ist die Erzählweise von Clara-Asscher-Pinkhof. Sie hat ihre eigenen Erlebnisse in einer klaren Sprache festgehalten, mit dem notwendigen Abstand aus der Sicht verschiedener Kinder. Da sie seit 1941 als Lehrerin jüdische Kinder unterrichtet hat, die nicht mehr in staatliche Schulen gehen durften, waren ihr der Blickwinkel der Kinder mit ihren Ängsten, Nöten und Verzweiflung  sehr nahe. Es gelingt der Autorin mit differenzierter Sichtweise der verschiedenen Altersstufen, mit ihrem unterschiedlichem Intellekt und Empfinden, die Gedanken der Kinder über das Erlebte transparent zu machen, von naiv-kindlich bis ernüchternd klar. Die Autorin gibt keinen politischen und geschichtlichen Zusammenhang, sie versucht allein über die Betrachtungen der Kinder ihr unglaubliches Leiden greifbar, verstehend  zu machen.

Diese Erinnerungen machen uns heute sprachlos, betroffen, sie gehen unter die Haut. Nachzuvollziehen sind sie für uns in keiner Weise, dafür können wir nur dankbar sein. Wie unmenschlich, unwürdig die Menschen mit ihrem Nächsten umgegangen sind, sollte für uns heute allerdings eine Warnung sein, wenn rassistische, diffamierende Äußerungen gegen eine Minderheit geäußert werden und gleichzeitig auffordern, sofort Stellung zu beziehen. Dieses Buch ist – wie einige andere-  sehr wichtig, damit das Unvorstellbare, was Menschen sich angetan haben – und jederzeit wieder können -, nicht vergessen wird. Es mahnt, niemals wieder Macht und Hass soweit kommen zu lassen. Vielleicht können  diese Bücher da ansetzen, wo der Geschichtsunterricht endet – oder nicht weit genug vordringt.

Ein Dank an die Übersetzerin, dass dieses nachhaltige Werk hervorragend tradiert an die heutigen Generationen weitergegeben werden kann.

Sabine Hoß

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