Der kleine Ritter Trenk und der Große Gefährliche

Kirsten Boie

Oetinger, Oktober 2011

160 Seiten, € 14,95

ab 5 Jahren

 

 

Nachdem sich der kleine Ritter Trenk Tausendschlag im ersten Band aus seiner lebenslangen Leibeigenschaft gekämpft hat,  genießt er nun auf der Burg Hohenlob bei dem netten Ritter Hans seine Ausbildung zum Ritter als Page und Knappe. Da der Fürst zu Besuch gekommen ist, gibt es wieder eines der üppigen Festmahle, bei denen auch Trenk, sein Schwein Ferkelchen, die Tochter des Ritter Hans und Trenks beste Freundin Thekla neben anderen Ritter zusammen sitzen. Aber der Fürst hatte einen Grund für seinen Besuch auf der Burg: Der große gefährliche Drache wurde schon mehrfach gesichtet und das nicht nur im Drachenwald. Er soll auch Jungfrauen gefressen haben und Feuer spucken wie eh und je. Doch wie kann das sein, wenn Trenk ihn getötet hat? Nachdem Trenk sich bemüht, das zu erklären, taucht auch noch der Ritter Wertolt der Wüterich auf, der seinem Namen alle Ehre macht. Leider bringt auch er eine schlechte Botschaft, denn die Kathedrale wurde ausgeraubt. Doch Wertolt der Wüterich glaubt bereits zu wissen, wer den Kirchenschatz gestohlen hat und führt die Festmahlgäste in das Heimatdorf von Trenk. Im Misthaufen von Trenks Vater, dem Bauern Tausendschlag, finden sie einen Teil des Kirchenschatzes wieder. Ein noch immer munterer Drache, ein gestohlener Kirchenschatz im Misthaufen, das ist für Wertolt Grund genug, die erneute Leibeigenschaft nicht nur über Trenk und seine Eltern, sondern über das ganze Dorf zu verhängen und Trenks armen Vater zu verhaften. Doch er hat nicht mit der List und Kühnheit des kleinen Trek gerechnet, der die Flucht ergreift und geradewegs in ein neues großes, spannendes Abenteuer rennt. Mit ihm natürlich sein Ferkelchen und seine Freundin Thekla.

Rezension:

Bücher für die junge Leser- bzw. Vorlesergruppe ab 5 Jahre können und sollen Spaß machen: Dem Erwachsenen beim Vorlesen, dem Kind beim Zuhören und älteren Kindern auch das Selber lesen – und gleichzeitig hintergründig mit feinem Humor auf bestimmte Werte im Umgang miteinander hinweisen. Dies alles ist Kirsten Boie mit dem zweiten Abenteuer von Ritter Trenk mit Leichtigkeit gelungen. In einer durchdachten und spannend aufgebauten Handlung zieht sie den Leser – oder Zuhörer – als Erzählerin sofort in die Geschichte. Während sich Trenk im ersten Buch aus der Leibeigeschaft befreit hat, geht es in dieser Geschichte um die Folgen und Konsequenzen seiner Notlüge,  dass manches doch ganz anders ist, wie es von außen erscheint und die Wahrheit nicht immer mit Gerechtigkeit siegen muss. Dabei verbindet Kirsten Boie auf humorvolle Weise die Lebensweisen und Eigenarten aus der Ritterzeit mit denen von heute. Welches kleine und große Kind amüsiert sich nicht über die Tischmanieren an der Rittertafel, die heute streng verpönt sind und damals zum guten Ton gehörten. Doch nicht nur die amüsanten Seiten werden beschrieben, auch andere Traditionen und Vorstellungen, so zum Beispiel, dass Mädchen eigentlich stricken, Harfe spielen und Suppe kochen sollten, statt
wie Trenks Freundin Thekla, ihm heimlich in Ritterrüstung zu folgen und ihn mutig mit ihrer Schleuder zu unterstützen. Auch heute müssen Mädchen noch mit manchem Vorurteil kämpfen, was sie angeblich nicht können – oder sollten. Die Tatsache, dass Trenk in seinem ersten Abenteuer gelogen hat, um den vermeintlichen bösen Drachen, der sich als Drachenmutter und ihre Babys herausgestellt hat, zu schützen, stellt ihn nun folgenreich vor ein Problem. Ohne moralischen Fingerzeig und auf unterhaltsame Weise wird das Thema Notlüge aus einer guten Absicht von Trenk und die Lügen und bösen Unterstellungen des hinterhältigen Wertolt der Wüterich für Kinder leicht verständlich gegenübergestellt. Sie lernen in dieser Geschichte auf eine unterhaltsame Weise, dass man sehr gut überlegen sollte, bevor man irgendwelche Befehle von einem anderen ausführt, denn die können durchaus auch böse Folgen haben. Ebenso die Tatsache, dass die Gerechtigkeit nicht unbedingt siegen muss, auch wenn sie mit der Wahrheit verbunden ist. Trotz der gefährlichen und feuerspeienden Drachen ist der kleine Ritter Trenk ist kein Ritter, der mit blutigem Schwert durch Schlachten und harte Kämpfe zieht. Stattdessen gelingt es der Autorin mit dieser Figur und witzigem Tiefsinn bestimmte Werte und Notwendigkeiten für ein soziales Miteinander kindgerecht und trotzdem auf hohem literarischen Niveau zu transportieren.  Die witzige Sprache fordert durch die manchmal langen und verschachtelten Sätze den jüngeren Zuhörer oder Leser eine hohe Konzentration, was jedoch auch die Wahrnehmung von komplexen Handlungsverläufen trainiert. Die zahlreichen farbigen Illustrationen von Barbara Scholz unterstreichen mit ihren warmen Farben und pointierten Details die Geschichte. Auch hier finden Kinder und Erwachsene Möglichkeiten ins Gespräch zu kommen oder einfach nur die Bilder auf sich wirken zu lassen. Am Anfang jedes neuen Kapitels gibt es ein kleines Bild, das eine Szene aus dem Ritteralltag darstellt und die überwiegend heiteren Illustrationen ergänzen.

Trenk gelingt mit bauernschlauem Witz manche Tugenden aus der Ritterzeit, die auch heute noch wichtig sind,  in der Gegenwart zu vermitteln. Kirsten Boie ist hier eine Figur gelungen, die nicht nur die Kinder schnell ins Herz geschlossen haben. Das haben jetzt auch die erwachsenen Fernsehmacher erkannt, denn „Trenk“ gibt es im ZDF tivi zu sehen.

Sabine Hoß

Bewertung:

Ein Interview mit der Autorin findet Ihr hier:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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