Am Ende der Welt traf ich Noah

An Ende der Welt KLEIN

Irmgard Kramer

Loewe, Juli 2015

352 Seiten, € 17,95

ab 14 Jahren

 

 

 

Als die 17-jährige Marlene aus dem steifen Rahmen aus einer Feierlichkeit ihrer Eltern  flüchtet, steht sie plötzlich vor einem alten, roten Koffer. Dieser Koffer scheint ein Erkennungsmerkmal zu sein, denn sie wird von einem jungen Mann angesprochen, der sie kurzerhand samt Koffer in seinen Wagen packt und zu einer abgelegenen, verwitterten Villa Morris mitnimmt. Dort wird sie als vermeintliche Irina erwartet, die dem gleichaltrigen Noah das Schwimmen beibringen soll. Marlene lässt sich auf diese Verwechslung spontan ein, so kann sie endlich dem engen, vorbestimmten Rahmen ihres Elternhauses entfliehen. Außer Noah leben in der Villa eine Nonne, die Noah unterrichtet, ein Koch und ein Gärtner, die ein seltsames Trio abseits jeder Zivilisation bilden.

Für Marlene ist der Schwimmunterricht eine große Herausforderung. Früher war sie eine hervorragende Schwimmerin, doch ein geheimnisvoller Unfall lässt sie seitdem nicht mehr ins Wasser steigen. Als Marlene feststellt, das Noah blind ist, macht das die Situation nicht einfacher, denn jetzt muss sie mit ins Wasser, um ihm zu helfen. Außerdem muss sie ihre falsche Identität schützen, denn die eigentlich dafür eingestellte Irina ist Leistungsschwimmerin.                                                                                                             Obwohl sich Noah zunächst sehr ablehnend gegenüber Marlene verhält, ziehen sie sich magisch an und verlieben sich. Noah wird bei jedem Ausflug außerhalb des Geländes der Villa schwer krank, trotzdem will er nichts lieber, als aus dem Gefängnis des alten Hauses zu fliehen und bittet Marlene ihm dabei zu helfen. Die findet das Verhalten der anderen Bewohner mehr als merkwürdig und ist, auch wenn sie keine wirklich schlüssigen Beweise hat, davon überzeugt, dass Noah gewaltsam festgehalten wird. Als die beiden einen günstigen Moment nutzen und abhauen, geht es Noah immer besser und Marlene verliert zusehend an Kraft. Sie bricht irgendwann völlig zusammen und erwacht im Krankenhaus. Als Marlene langsam wieder zu sich kommt, wird ihr bewusst, dass sie eine schwere und lang ersehnte Herztransplantation überstanden hat und nach Komplikationen wochenlang in einem Koma gelegen hat. Hat sie all die Erinnerungen an Noah und die alte Villa tatsächlich nur geträumt? Die alte Villa Morris gibt es doch wirklich…

Die außergewöhnliche Geschichte von Irmgard Kramer besticht durch eine sehr emotionale Atmosphäre und immer wieder neuen Wendungen. Mit der Handlungsentwicklung spielt die Autorin sehr breit und raffiniert gekonnt auf der Genre-Klaviatur zwischen romantischer Fantasy, reiner Liebesgeschichte, Wirklichkeit und Surrealität und spricht sicher eher die weiblichen Leser an. Ihre Sprache ist leicht, an manchen Stellen vielleicht etwas flach bzw. zu deutlich jugendlich anbiedernd, aber darüber lässt sich hinweglesen. Dafür gelingt der Autorin mit immer wieder neuen Drehungen und Schleifen eine Spannung, die von der ersten bis zur letzten Seite zwischen den Seiten hält. Interessant ist, dass die beiden Hauptfiguren trotz der raffinierten Story seltsam distanziert bleiben. Der Funke zu Marlene springt allenfalls erst am wirklich unerwarteten Ende über. Aber vielleicht ist das auch genauso gewünscht?                          Das Ende überrascht derart und verpackt äußerst raffiniert die Aufforderung,  die Geschichte noch einmal zu lesen – und wieder eine ganz neue Sichtweise zu erhalten.

Das verwaschene Cover trifft in der Kombination mit auffallend rotem Koffer und zwei Schriftarten perfekt.

Sabine Hoß

Bewertung:

 

 

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