Holundermond

Jutta Wilke

Coppenrath, Januar 2011

320 Seiten, € 12,95

ab 10 Jahre

 

 

 

Inhalt:

Nele ist wütend und traurig, denn ihr bisheriges Leben fällt auseinander: Die Sommerferien haben gerade begonnen, da beschließt der Vater, die schon lange andauernden Streitigkeiten mit Neles Mutter mit seinem Auszug aus dem gemeinsamen Haus zu beenden. Eigentlich soll Nele einen Teil der Ferien bei ihrem Vater in der neuen Wohnung verbringen, doch dem kommt ein neues Arbeitsprojekt dazwischen. Er  verspricht Nele mit schlechtem Gewissen die Zeit nachzuholen. Neles Vater ist Historiker mit Fachgebiet Kirchengeschichte und das neue Projekt erwartet ihn in Wien. Nele sieht überhaupt kein Problem darin, den Vater zu begleiten, schließlich ist sie mit ihren zwölf Jahren kein kleines Kind mehr und kann sich durchaus selber beschäftigen. Trotz aller guten Argumente ist der Vater dagegen. Heimlich schmuggelt sich Nele in das Auto ihres Vaters und fährt als blinder Passagier mit nach Wien. Die Autofahrt entpuppt sich schon als gefährlich und abenteuerlich, denn beide entkommen nur ganz knapp einem Unfall. In Wien angekommen erwarten Nele mehrere Überraschungen. Da ist zum einen die herzliche aber auch etwas unheimlich wirkende Viviane und Flavio, der neugierige Junge, dessen Vater ein italienisches Eiscafé an einem Kloster führt. Dieses Kloster ist auch der Arbeitsort für Neles Vater. Flavio kennt sich hervorragend in den Gemäuern der Kartause aus und Nele nimmt gerne seine Führung an. Hier treffen sie auf Dr. Holzer, Flavios unsympathischer Geschichtslehrer. Die beiden belauschen ein undurchsichtiges Gespräch zwischen Neles Vater und Dr. Holzer, kurz danach verschwindet der Vater. Sie vermuten eine Verbindung zu Dr. Holzer, doch welche Rolle spielt er in diesem Zusammenhang? War der Unfall vielleicht beabsichtigt? Die beiden rutschen in ein spannendes Abenteuer, in dem es um merkwürdige Diebstähle, geheimnisvolle Gegenstände, ein magisches Altarbild und Legenden aus der Vergangenheit geht.

Rezension:

Das Buch beginnt mit einem Prolog im Jahre 1783, doch schon zu Beginn des ersten Kapitels findet sich der Leser in der Gegenwart wieder. Der Spagat zwischen Vergangenheit und Gegenwart gelingt der Autorin mit Leichtigkeit und ohne Verwirrung und sie behält durchweg den roten Faden. In einer flüssigen und leicht zu lesenden Sprache sowie einem perfekt aufgebauten Spannungsgerüst hat die Autorin eine rundum fesselnde Zeitreise und Abenteuergeschichte geschaffen. Dabei verpackt sie wissenswertes und interessantes über Geschichte, insbesondere der Kirchengeschichte, ohne dass es langweilt oder überfrachtet wirkt. So werden zum Beispiel die vier magischen Gegenstände, die in der Geschichte eine wichtige Rolle spielen, mit den vier Erzengel, die auch die Wächter der vier Elemente sind, sowie den vier Evangelisten verbunden. Nebenbei entdeckt man gemeinsam mit den beiden Kindern über ein geheimnisvolles Kreuz im Fußboden, das Brunnenhaus, die Schatzkammer oder das Altargemälde etwas über die Geschichte der Kartause kennen. Die gibt es übrigens tatsächlich, wie auch die genannten Enteckungen samt Altargemälde und kann als „Kartause Mauerbach“ bei Wien besichtigt werden. Auf gekonnt selbstverständliche Weise wird die Gegenwart mit der Vergangenheit verbunden, indem man z.B. in der Gruft für Obdachlose unter der Wiener Mariahilfer-Kirche auf einen verwirrten Mönch trifft, der so gar nicht in unsere Zeit passen will. Auch wenn die Pforte für den Wechsel in eine andere Zeit ein( Altar)Gemälde ist, was für Zeitreisegeschichten keine wirkliche Neuigkeit darstellt, hat Jutta Wilke dies mit einigen besonderen Details und Ideen so verändert, dass es wieder eine eigene Raffinesse besitzt. Da es dieses Altargemälde tatsächlich in dem Kloster gibt, ist dieser Einfall darüber hinaus auch rund und stimmig. Die beiden Hauptprotagonisten denken immer schon einen Schritt weiter wie der Leser, was nicht stört oder langweilt. Man bleibt stets gespannt, wie Nele und Flavio mit ihren Ermittlungen, Entdeckungen vorankommen aber auch, wie sie mit Unsicherheiten und Rückschlägen umgehen. Die Gefühle und Charaktere der beiden Kinder wie auch der Personen aus der Vergangenheit hat die Autorin nachvollziehbar ausgefeilt.

„Holundermond“ ist ein rundum gelungener Schmöker, der Abenteuer, Krimi, Zeitreise und das für Kinderbücher ungewöhnliche Kapitel der Kirchengeschichte auf spannende Weise miteinander verbindet. Damit setzt sich das Buch wohltuend vom Mainstream ab.

Ich habe überlegt, warum dieses Buch schon so lange bei mir ungelesen lag. Es muss wohl am unglücklich gestalteten Cover liegen. Die beiden Kinder und die abgebildete Kartause (Mauerbach) im Hintergrund passen als Schattenriss durchaus stimmig zur Geschichte. Doch der abgebildete Baum ist alles andere als ein Holunderbaum, der wesentlich kleiner bzw. auch ein Strauch ist, was auffällt bzw. stört. Darüber könnte man vielleicht hinwegsehen, wenn die Grundfarbe mit einem undefinierbaren Senfton das Ganze einfach alles andere als ansprechend wirken lässt. Hier wünsche ich dem nächsten Buch, dass das Titelbild genauso ein Hingucker wird, wie der überzeugende Inhalt des Debüts von Jutta Wilke.

Sabine Hoß

Bewertung:

Ein Interview mit der Autorin findet Ihr hier:

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