Der durch den Spiegel kommt

Kirsten Boie

Einband & Zeichnungen von Verena Körting

Oetinger, 2001 & August 2010

272 Seiten, € 14,95

ab 10 Jahre

 

Inhalt:

Die 10 Jahre alte Anna lebt alleine mit ihrer Mutter in einer Hochhaussiedlung. Als die Mutter sie zum Einkaufen in den Supermarkt schickt, entdeckt sie neben einer großen Birke ein kleines Kaninchen, dass keine Angst vor ihr zu haben scheint, denn es läuft nicht weg, als sich Anna ihm nähert. Neben dem Kaninchen liegt ein Handspiegel, der wunderschön aussieht und Anna sofort an verwunschene Prinzessinnen und Märchen erinnert. Als sie sich darin betrachtet, bemerkt sie, dass sich plötzlich alles um sie herum verändert hat: Anna befindet sich in dem Land-auf-der-anderen-Seite. Nachdem der erste große Schreck verflogen ist, erklärt das Kaninchen Anna, dass sie „der“ ist, der laut der Prophezeiung das Land und die Leute von Evil dem Fürchterlichen erlösen soll. Der Spiegel soll ihr dabei helfen und mit ihm kann sie auch jederzeit wieder zurück in ihre eigene Welt. Doch auf dem Weg über den steinigen Treppen verliert Anna den Spiegel, der ihr bis dahin immer eine sichere Fluchtmöglichkeit gegeben hat. Anna hat furchtbare Angst, denn sie fühlt sich nicht als mutige Kämpferin, außerdem ist sie auch eine „sie“ und nicht der voraussagte „er“, der den Kampf mit dem Bösen aufnehmen soll. Doch außer ihr gibt es keinen anderen, der den bösen Evil besiegen könnte. Nachdem ihr die Menschen Mut zugesprochen haben und versichern, dass nur sie die Richtige ist,  macht sie sich gemeinsam mit dem Bauernsohn Rajύn auf den gefährlichen und abenteuerlichen Weg, den fürchterlichen Evil  zu besiegen. Doch wird das der ängstlichen Anna gelingen und wird sie jemals wieder in ihre eigene Welt gelangen?
Rezension:

Bei den zahlreichen, mehrmals im Jahr erscheinenden Büchernovitäten gleicht es schon manchmal der Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen, lesenswerte, literarische Perlen zu entdecken. Dabei richtet man auf der einen Seite das Augenmerk auf junge, unbekannte Autoren, auf der anderen Seite sollte man aber auch nicht die, pardon, „älteren“ Schriftsteller/-innen in Vergessenheit geraten lassen.

Eine Autorin, die zu den Besten im Genre Kinder- und Jugendbuch zählt, ist Kirsten Boie. Ihr erstes Buch „Paule ist ein Glücksgriff“ erschien mit großem Erfolg vor 25 Jahren und wurde mit diversen Preisen ausgezeichnet, gefolgt von vielen weiteren Werken, wie z.B. „Die Medlevinger“ (2004), der erste Band von „Skogland“ (2005), „Alhambra“ (2007), der Folgeband „Verrat in Skogland“(2008) und „Ringel, Rangel, Rosen“ (2010). (Alle Oetinger) Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt der über 80 Bücher von Kirsten Boie. Neben den vielen preisgekrönten Büchern erhielt die Autorin 2007 den Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreis für ihr Gesamtwerk und wurde 2008 mit dem Großen Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur in Volkach ausgezeichnet.

Das vorliegende Buch „Der durch den Spiegel kommt“ erschien erstmals 2001 und wurde im August 2010 im Oetinger Verlag neu verlegt.

Kirsten Boie ist in einer  ruhigen und bilderreichen Sprache eine wunderbare Verbindung zwischen Realer und Märchenwelt gelungen. Sie fühlt sich auch als Erwachsene genau in die Gedanken und den Ausdruck der Kinder ein und trifft diese genau, ohne sich anzubiedern oder gekünstelt zu wirken. Der Leser ist von der ersten Seite in die Geschichte eingebunden und Kirsten Boie schafft auch ohne Monster und weitschweifigen, blutrünstigen Szenarien eine durchweg fesselnde Atmosphäre zu schaffen. Die Protagonistin Anna traut sich im realen Leben nicht viel zu und glaubt erst recht nicht daran, im „Land-auf-der-anderen-Seite“ die kühne Kämpferin zu sein, die den fürchterlichen Evil besiegen soll. Schließlich ist sie ein Mädchen und folgerichtig nicht die Person der Prophezeiung, die das Land und die Menschen zu befreien wird. Doch die Hoffnung der Menschen und der Rat ihrer Mutter, dass man niemals aufgeben sollte, überzeugen sie, dass auch aus den Falschen Richtige werden können. Mit Unterstützung von dem Bauernsohn Rajύn und der Macht der Musik schafft sie es, über ihren Schatten zu springen. Mit diesen wunderbaren Vergleichen zeigt die Autorin in ihrem poetischen Fantasyroman, dass es nicht nur Schwarz und Weiß gibt, sondern viele
Farbnuancen dazwischen und dass man vermeintlich Aussichtsloses mit Mut und
Zuversicht erreichen kann. Auch wenn es ein eigentlich glückliches Ende gibt, lässt die Geschichte viel Raum, sie mit eigenen Gedanken weiterzuträumen.

Sabine Hoß

Bewertung:

Ein Interview mit der Autorin findet Ihr hier:

 

 

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