Die wilden Piroggenpiraten – Ein tollkühnes Abenteuer um eine entführte Mohnschnecke und ihre furchtlosen Retter

 

Māris Putninš

Aus dem Lettischen von Matthias Knoll

Mit Bildern von Karsten Teich

Fischer Schatzinsel, März 2012

ab 9 Jahre

 

Inhalt:

Auf einem Bootsausflug mit dem vornehmen Hörnchen wird die junge Mohnschnecke von den wilden Piroggenpiraten auf der Speckkugel entführt. Hörnchen nimmt die Verfolgung erst nach einigem Drängen seines Vaters auf, während Mohnschneckes heimlicher Verehrer Eclaire die Spur der Piraten aus freien Stücken und ganzer Überzeugung verfolgt. Dabei geht jeder seinen eigenen Weg: Hörnchen auf dem Landweg in Gefolgschaft der Knofikarawane und Eclaire mit seinem Freund Pelme Otto auf dem Meer. Dabei geraten sie in unglaubliche, spannende und gefährliche Abenteuer, müssen Stürme überstehen, lernen merkwürdige Orte wie Käsien und Tschiesburg kennen und müssen Ritterkämpfe mit Blutwürste überstehen, die mit ihrem Kampfschrei „Barbecue, Barbecue!“ ins Gefecht ziehen. Aber auch auf der Speckkugel, dem Schiff der Piroggenpiraten, geht es abenteuerlich zu, denn Mohnschnecke stiftet allerlei Verwirrung. Sie führt völlig neue Gewohnheiten in die Mannschaft ein, denn ab sofort soll sich jeder Pirat regelmäßig waschen und die Zähne putzen, Gymnastikübungen sind dabei nicht zu vergessen. Die Piroggenpiraten halten ihren Kapitän Mordan für völlig übergeschnappt, der wiederum kann sich immer mehr für die Ideen und Mohnschnecke selber begeistern. Ob die beiden Verfolger Eclaire und Hörnchen die Mohnschnecke aus den Fängen der Piroggenpiraten befreien können?

Rezension:

Wenn man Angst vor dicken Büchern hat, könnte man sich vor diesen gut 650 Seiten ein wenig fürchten und macht aus diesem Grund vielleicht einen Bogen um dieses Buch. Das wäre allerdings sehr schade, denn man würde sich um ein einzigartiges Feuerwerk an witzigen, originellen Ideen und einem bis zum Schluss spannenden Piratenabenteuer von  ganz besonderer Art und Weise bringen. Eine Besonderheit ist beispielsweise die Tatsache, dass man diese Piraten essen kann. Nicht nur, weil sie überaus liebevoll, lebendig ausgearbeitet sind, sondern weil sie in ihrer Urform einer Pirogge wirklich essbar sind. Die Protagonisten führen den Leser mit Augenzwinkern und herrlichen Abstraktionen in die große weite Welt der Backwaren und Lebensmittelkunde ein, in der mit einer grandiosen Leichtigkeit alles zusammen geführt wird, was zusammen gehört. Das fängt bei Mohnschnecke und Hörnchen an, geht weiter mit Eclaire, seinem Freund und Pelme Otto, kämpfenden Blutwürsten, einem Rudel Jägerwürstchen –  Ach, bei all den zahlreichen leckeren Figuren läuft einem beim Lesen und Vorlesen immer wieder mal das Wasser im Munde zusammen. Herrlich auch Tschiesburg, die Hauptstadt Käsiens, deren bestechender Duft seinen Besuchern noch wochenlang später in den Kleidern hängt. Noch nie hat man auf so einfallsreiche Weise Käsesorten als Hügel kennen gelernt oder habt Ihr gewusst, dass die Löcher in Schweizer oder Holländischen Käse durch das Messer eines halbnackten Bergkäsleins gebohrt werden? Ich wusste es jedenfalls nicht. Das ist nur ein kleines Beispiel der übersprudelnden Phantasie des lettischen Autors Māris Putninš, der mit sehr viel Liebe zum Detail seine Figuren und Handlung ausgearbeitet hat, ohne dabei den roten Faden zu verlieren. Das gelingt auch durch die abwechselnden Erzählebenen von Mohnschnecke auf der Speckkugel, Eclaire und seinem Freund Otto sowie Hörnchen mit seiner Knofiekarawane. Doch bei aller verrückten Absurdität von abgeleiteten, umgewandelten Orten und Gegebenheiten sind auch für Kinder problemlos die Botschaften zwischen den Zeilen zu verstehen, dass Respekt, Toleranz und Kompromisse im täglichen Miteinander unabdingbar sind. Natürlich müssen sich die Piroggenpiraten und ihre Verfolger in harten Kämpfen erproben, das geht in dieser Geschichte sogar ohne blutiges Gemetzel und trotzdem fesselnd. Die Sprache wurde einfühlsam und mit augenzwinkerndem Witz treffend von Matthias Knoll aus dem Lettischen übersetzt.

Eine solche Piratengeschichte habe ich noch nie gelesen und jeder, der spannende Abenteuergeschichten mag, gerne über verrückt-komische Einfälle laut auflacht und sich für leckere Gebäcke erwärmen kann, der wird von diesem Buch begeistert sein. Und für alle, die Angst vor dicken Büchern haben – hier ist sie völlig unnötig; die Seiten werden nur so verfliegen und durch die handliche Kapitellänge kann das Buch auch wunderbar als Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen werden. Also, Leinen los!

Das wunderbare Cover und die witzigen Illustrationen von Karsten Teich zeigen passend, dass dies ein Kinderbuch ist, aber auch Erwachsene werden beim Lesen dieses Seemannsgarn auf ihre Kosten kommen.

Man darf gespannt sein, ob es noch weitere derart ausgefallene Bücher dieses Autors geben wird.

Ein kleiner „Appetizer“ zum Buch –  mit den Rezepten kann man die Piratenpiroggen nämlich nachbacken und zwar hier:

Sabine Hoß

Bewertung:

 

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