Abseits – 1938. Ein Fußballer sagt Nein

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Fabrizio Silei

Illustrationen von Maurizio A.C. Quarello

Aus dem Italienischen von Edmund Jacoby

40 Seiten, € 14,95

ab 8 Jahre

 

 

Fußball und Nationalsozialismus – eine ungewöhnliche Kombination? Ungewöhnlich mit Sicherheit, weil dieses Bilderbuch in seinem Kontext so ganz und gar anders ist als die meisten anlässlich der kurz bevorstehenden Fußball-Weltmeisterschaft.

Ungewöhnlich, weil es sich nicht auf aktuelle politische Probleme und Themen bezieht, sondern zeigt, wie sehr der politische Einfluss des Nationalsozialismus auch im Sport bzw. im Fußball war. Matthias Sindelar (wegen seiner schmalen, drahtigen und großen Statur auch „der Papierene“ genannt) war damals DER Fußballstar in Österreich und Kapitän des legendären „Wunderteams“. Er galt als bester Fußballer Österreichs im 20igsten Jahrhundert und ist bis heute auch über Österreich hinaus unvergessen. Der 1903 in Tschechien geborene Sindelar starb unter mysteriösen und nie aufgeklärten Umständen 1939 in Wien. Die Vermutung liegt nahe, dass er und seine jüdische Lebensgefährtin wegen seiner politischen Einstellung von den Nationalsozialisten ermordet wurden.

Der Italiener Fabrizio Silei hat die Geschichte von Sindelar in der Übersetzung sehr verkürzt und in manchmal etwas hölzern und starr wirkenden Sätzen zusammengefasst. Durch die Handlung führt der kleine und fußballbegeisterte Junge Markus, der Anfang der dreißiger Jahre unbedingt das letzte Spiel der österreichischen Nationalmannschaft gegen Deutschland erleben will. „Danach gibt es kein Wunderteam mehr und auch kein Österreich, nur noch Nazis…“, sagt der Vater vorausschauend. Der Vater trifft sich heimlich mit drei anderen Freunden in einem Kellerlokal und versuchen mit ihren beschränkten Mitteln den Widerstand. So passt der Vater eines Abends die Freundin Sindelars nach einem Besuch in einem Kaffeehaus ab und versucht sie davon zu überzeugen, dass ihr Freund auf keinen Fall bei dem Wunderteam spielen soll sondern nur für Österreich und damit für die Freiheit. Doch Sindelar spielt und er und sein Mannschaftskamerad Sesta erzielen die beiden Siegtore. Zwei zu Null für Österreich, die Wiener sind außer sich vor Freude, auf der Ehrentribüne mit dem Reichssportführer aus Berlin und anderen deutschen Offiziellen herrscht dagegen eisige Atmosphäre. Als alle Athleten den rechten Arm zum deutschen Gruß erheben sollen, bleiben zwei Arme unter. Sindelar und Sesta weigern sich. Sindelar spielt noch einige Jahre Fußball bis er am 23. Januar 1939 tot in seinem Bett aufgefunden wurde. Die Gründe, woran und warum er so plötzlich verstarb wurden nie ganz aufgeklärt.

Die beeindruckenden, ganzseitigen und farbigen Bilder von Maurizio A.C. Quarello, die jeweils einer Textseite gegenübergestellt sind, hinterlassen einen dunklen Eindruck und bedrückende Atmosphäre der damaligen Zeit und zeigen einen hageren aber entschlossenen Sindelar, der in seinem Rahmen und auf seine Weise Widerstand zeigt.

Der Abschlussatz des Autors Silei bleibt im Gedächtnis hängen:

„Erinnert euch an Sindelar! Stellt ihn euch vor! Inmitten der Millionen in der gestreiften Sträflingskleidung trägt er sein rotes Trikot. Und lächelt. Mir gefällt die Vorstellung, dass im Himmel der Gerechten das unendliche Spiel angepfiffen worden ist, von dem er immer geträumt hat.“

Ein Fußballbuch, das aus der Reihe tanzt – und gerade deswegen mir besonders gut gefallen hat. Gerechtigkeit und Fairness wird zwar (auch) im Sport verlangt, es hängt aber immer von jedem Einzelnen abhängt, wie standhaft man sich gegen Ungerechtigkeit und unmenschlichen Einstellungen zeigt – und zwar in allen Lebensbereichen.

Sabine Hoß

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